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Verurteilt? Das Rollkurverbot in der Schweiz kommt ins "rollen".

13. Juni 2014, in Heisses Eisen

Seit dem 1. Januar ist Rollkur in der Schweiz offiziell verboten. Laut Tierschutzgesetz darf ein Pferd nicht in eine unbequeme, längeranhaltende Zwangslage gebracht werden. Nachdem der Bundesrat das Thema Rollkur im Tierschutzgesetz verankerte ist nun der Schweizerische Verband für Pferdesport SVPS gefordert. pferdonline fragte nach.

Es wurde gross applaudiert. Endlich. Die Schweiz setzt Akzente. Verbietet die Rollkur. Europaweit wurden die Eidgenossen bewundert. Doch nach dem grossen Applaus kommt die grosse Arbeit. Wie soll das Rollkurverbot – das nun seit einem halben Jahr in Kraft ist – umgesetzt werden. Evelyne Niklaus ist stellvertretende Geschäftsführerin beim Verband. Sie sagt, dass im Mai eine Sitzung mit allen Vertretern der neun Disziplinen stattgefunden habe. „Für uns ist die Rollkur nicht nur ein Dressurproblem, wir wollen es Disziplinenübergreifend verankern, deshalb ist die Umsetzung etwas aufwändiger.“

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Solche Bilder will man in der Schweiz nicht mehr sehen. Das hier ist ein Bild von Andreas Helgstrand, der kürzlich wegen Tierquälerei in die Schlagzeilen geriet.

Es stellen sich viele Fragen: Wie tief darf ein Hals eines Fahrpferdes eingestellt werden. Wie soll ein Voltigepferd ausgebunden werden. Wie definiert man Barren. Laut Niklaus wurden nun die Vertreter der Disziplinen damit beauftragt, in ihrer Disziplin einen Massnahmenplan zu erarbeiten. Bis Mitte Juni erwarte sie sämtliche Rückmeldungen.

Dann muss sich der Verband das weitere Vorgehen überlegen: Wer muss geschult werden? Sind es nur die Offiziellen oder auch die Reiter? Wie muss man schulen? Und wann? Viele Offizielle würden ehrenamtlich für den Verband arbeiten, das sei immer auch eine Zeitfrage, so Niklaus. Soll man sogenannte Persönlichkeitstrainings machen mit den Leuten, damit sie auch die Kraft haben hinzustehen und zu sagen: „Stopp – so geht’s nicht!“ Der Handlungsablauf sei für jede Disziplin wieder anders.

Zur Durchsetzung: Im Springen gibt es auf den Abreiteplätzen Richter. Das hat sich etabliert und ist in der Schweiz völlig normal. Doch auf den Dressurplätzen ist das Wirrwarr nach wie vor sehr gross. In der Dressur gibt es keine Richter an den Abreiteplätzen. Warum nicht? „Vor allem für die kleinen Veranstalter ist es ein Problem, wenn noch zusätzliche Richter aufgeboten werden müssen, das kostet noch einmal mehr Geld.“ Was in Deutschland längst Normalität ist, ist in der Schweiz noch immer ein Problem. Denn wenn der Richter noch selber reitet, der Richter noch seine eigenen Schüler richtet und vielleicht noch selber OK-Präsident ist, dann wird die Durchschlagkraft eines Rollkurverbotes zum Witz. Niklaus: „Wir sind uns dieser Problematik bewusst.“

Fakt ist: Die Schweiz ist bemüht, das Verbot auch rechtlich durchzusetzen und die Reiter zu schulen. Angefangen wird an der Basis – wie Evelyne Niklaus sagt: „Wir wollen auch an Kadertagungen der Elite aufs Thema Rollkur aufmerksam machen, aber auch im gesamten Nachwuchsbereich schulen.“ Anlehnen wird sich die Schweiz an die Richtlinien der Deutschen FN, die einen Massnahmekatalog mit klaren Richtlinien herausgegeben hat. „Dieser wird in den nächsten Wochen auf Französisch übersetzt, auch der Film dazu.“

Übrigens wurde seit dem 1.1. kein einziger Fall von Rollkur beim Verband gemeldet. „Wir können allerdings nur beurteilen was auf den Turnierplätzen abgeht. Was zu Hause hinter verschlossenen Türen gemacht wird, liegt nicht in unserer Hand. Da sind dann die kantonalen Behörden dafür zuständig“, so Evelyne Niklaus.

Das Interview von pferonline mit Hans Wyss, Direktor Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen. 

Wo beginnt Rollkur und wo hört sie auf? Die Kriterien. 

Hier gehts zum Lehrfilm der FN.