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Sensationell! Chantal Müller mit Spitzenresultat in Aachen! Das Interview.

30. Mai 2015, in Aktuell, Reitsport, Springen

Im Teilnehmerfeld des CSI Aachen figurierte erstmals eine junge Schweizer Springreiterin. Sie heisst Chantal Müller, ist 21-jährig, Aargauerin, und gewann mit der Schweizer Equipe der Jungen Reiter 2013 EM-Gold. Auf Einladung der Young Riders Academy erhielt die talentierte Reiterin aus Veltheim eine Einladung für das Weltfest des Pferdesports und bewies mit einem feinen vierten Rang in der Winninground am Samstag ihre unverkennbaren Fortschritte.

pferdonline: Chantal Müller – wow, was für ein Start in Aachen!
Chantal Müller: „Erster Start, der vierte Platz und 5000 Euro Preisgeld. Das hätte ich mir nie träumen lassen. Ich war vor dem Einritt, als ich das Riesenpublikum erstmals hoch zu Ross sah, schon sehr nervös. Doch dann ritt ich als Erststartende des gesamten Starterfeldes mutig und konzentriert vorwärts. Und im Stechen hatte ich nichts zu verlieren. Ich gab Gas und weiss, dass meine Tabasca einen guten Galopp hat.“

Wie kamen Sie zu ihrer Wildcard für Aachen?
„Zehn Tage vor dem Start erhielt ich einen Anruf. Ich fiel aus allen Wolken und dachte an einen schlechten Scherz. Aber es war Tatsache. Ich durfte dank der Vermittlung der Riders Academy wie die Deutsche Laura Klaphake mit meiner Stute U Tabasca erstmals in der Soers reiten. Noch nie war ich in Aachen, auch als Zuschauerin nicht. Nur im Fernsehen verfolgte ich die Ritte im Mekka des Pferdesports und malte mir aus, wie toll es wäre, selbst einmal hier zu reiten.“

Sie haben in den letzten Monaten erhebliche Fortschritte erzielt.
„Das verdanke ich zum grossen Teil Ludger Beerbaum und natürlich meiner Schimmel-Stute U Tabasca. Ich durfte bei Beerbaum eine rund viermonatige Stage machen. Da habe ich einiges gelernt. Ludger ist ein prima Horseman. Er ist ein ausgezeichneter Manager, Reiter und Ausbildner mit viel Menschen- und Pferdeverstand. Er ist ein strenger Lehrmeister und überlässt nichts dem Zufall. Und er hat sich für mich und meine Bedürfnisse Zeit genommen. Ich bin seither abgeklärter, strukturierter und reifer geworden und habe stets einen Plan für meine Ritte. Der Abschied von Ludger und Riesenbeck fiel mir schwer. Ich wischte sogar Tränen aus den Augen.“

Ihre jüngsten Resultate zeugten von grossen Fortschritten.
„Ich kam zu einigen Spitzenplatzierungen. Ich wurde mit U Tabasca jeweils Zweite in den Dreisterne-GP von Eschweiler und Odense in Dänemark und Sechste in Neumünster. Und im Grossen Preis des Fünfsterne-Turniers in Lummen war ich als 12. beste Schweizerin. Am zweitletzten Hindernis habe ich leider gepatzt. Das ärgerte mich. Ich hätte mich besser aufrichten sollen und mein Pferd hätte auch besser aufpassen können. in Aachen hat alles besser geklappt.“

Was ist das besondere von U Tabasca, die ihre Familie selbst gezüchtet hat und die sie seit acht Jahren reiten?
„U Tabasca ist unser Pferd. Sie ist konstant, leistungsbereit, eine Kämpferin mit einer Super-Einstellung. Ich liebe sie. Sie ist meine beste Freundin.“

Was bedeutet denn das U vor dem Namen?
„Die Stute ist Holsteinerin und je nach Jahrgang sind ihre Namen nach einem gewissen Anfangsbuchstaben bestimmt. Meine Mami taufte sie Tabasca. Es war aber ein Irrtum. Meine in Deutschland lebende Tante machte uns darauf aufmerksam, dass nicht das T, sondern das U im Geburtsjahr der Stute angebracht gewesen wäre. So heisst sie eben U Tabasca.“

Stammen Sie aus einer Pferdefamilie?
„Teils. Meine Mami ritt und meine zwei jüngeren Schwestern, die 13-jährige Marielle und die 19-jährige Adrienne auch. Aber mein Papi war Fussballer und ist heute noch Präsident des Viertliga-Klubs Veltheim. Früher hat er, glaube ich, einst bei Baden in den Reserven gekickt.“

Was sind ihre Ziele?
„Ich habe die Matura gemacht mit dem Spezialfach Bio-Chemie. Ich wollte Tierärztin oder Lehrerin werden. Doch nun hat mich das Reiterfieber gepackt. Ich strebe eine Profikarriere als Springreiterin an. Ich arbeite nun zu 50 Prozent bei der Reiter- und Händlerfamilie Hauri in Seon. Heidi Hauri ist seit Jahren meine Trainerin. Nachmittags übe ich mit unseren Pferden auf unserer Anlage in Veltheim. Ich möchte in meinem letzten Jahr als Junge Reiterin an den Europameisterschaften Mitte August in Wiener Neustadt etwas erreichen und an den Schweizer Meisterschaften in Sion aufs Podest springen. Letztes Jahr hatte ich im Wallis Pech. Aber vorerst möchte ich auch am CSIO St. Gallen, wo ich ebenfalls erstmals starten darf, meinen Ritt in Aachen bestätigen.“

Was fasziniert Sie an Pferden?
„Pferde sind edle, intelligente und kraftvolle Tiere, zu denen man mit viel Geduld und Liebe eine besondere Beziehung aufbauen kann. Sind die Harmonie und das Vertrauen da, machen Pferde alles für ihren Reiter. Ludger sagte immer, ich müsse eine Einheit mit dem Pferd bilden, um das Gefühl zu kriegen, dass es unter mir tanzt.“

Hier gehts zu den Ergebnissen

Interview: Peter Wyrsch
Beitragsbild: Chantal Müller mit U Tabasca am CSI in Zürich
Foto: Valeria Streun