Schliessen

„Meine emotionalste EM“ – Juniorin Ramona Schmid erzählt von der EM in Roosendaal. Eine Aufzeichnung.

15. August 2017, in Dressur

Ramona Schmid (18) gehört zur Dressurjunioren-Elite der Schweiz. Erst kämpfte sie viele Jahre im Viereck mit ihrem etwas zu gross gewordenen Pony „Honeur“. Seit gut zwei Jahren ist sie im Besitze der Stute Kelly Sue, mit der sie letzte Woche an den Europameisterschaften der Junioren und Jungen Reiter in Roosendaal (Holland) teilnehmen durfte und wie Léonie Guerra die Kür erreichte und damit für ein super Resultat sorgte. Für pferdonline schildert Ramona ihre Erlebnisse…..

Roosendaal war meine dritte Europameisterschaft – ein grossartiges Erlebnis! Die letzten zwei Europameisterschaften war ich mit Honeur am Start, dieses Jahr zum ersten Mal mit meiner Stute Kelly Sue. Ich war bereits letztes Jahr im Dezember mit meinem Trainer Gilles Ngovan nach Roosendaal zum Turnier gefahren. Es war eine Art Test für uns. Im Winter findet dort jeweils ein internationales Hallenturnier statt. Kelly scheint dieser Ort irgendwie zu gefallen – sie war bereits damals immer platziert.  

Meine Eltern und ich fuhren am Montag nachts um zwei Uhr los. Unterwegs haben wir ein paar kurze Pausen gemacht. Morgens vor elf Uhr sind wir in Holland angekommen. Es war für uns eine mittellange Reise. Bei der Ankunft mussten wir bis um Punkt elf Uhr warten mit ausladen. Denn bevor wir ausladen durften, wurde Kelly vom Veterinär angeschaut. Er untersuchte, ob sie gesund angekommen war und kontrollierte Pass und Chip.

Als erstes wälzte sich Kelly in ihrer Box, sie schien happy zu sein. Wir dekorierten den Stall rot-weiss, mit Fahnen und Schweizerkreuzen. Langsam trudelten die anderen Schweizer Reiter ein.

Am nächsten Tag – Dienstag – war der Vetcheck. Erst trabten wir unserem Teamtierarzt Marco Hermann alle Pferde vor. Nach dem Mittag dann der offizielle Vetcheck. Kelly findet diese Momente immer sehr aufregend – sie mag es nicht wenn sie warten muss!  Bereits am Nachmittag durften wir ein erstes Training aufs Hauptviereck – schon da spürte ich, dass sich Kelly gut (an)fühlt. Sie war locker und sehr zufrieden. Am Abend war die Eröffnungszeremonie. Heidi besorgte uns schöne Kleider von meinem Lieblingsladen No Concept, was mir natürlich sehr passte, weil es immer viel Glitzer dran hat.

Dann gab unsere Teamchefin Heidi Bemelmans bekannt, wer wann an den Start gehen wird. Lars Bürgler und Lennart Korsch machten den Anfang am ersten Tag und lieferten schon mal eine gute Vorlage. So hatten Léonie Guerra und ich noch einen Tag Pause.

Am Mittwoch haben wir trainiert, Kelly ging wiederum sehr gut.

Am Donnerstag war um 5.20 Tagwache. Um 5.45 waren wir im Stall, haben gefüttert, gemistet und Kelly rausgenommen. Schon da war sie bereits sehr ruhig und lieb. Mit viel Ruhe gingen wir zum Abreiteplatz. Ich war auch komischerweise überhaupt nicht nervös, was für mich aussergewöhnlich ist. Normalerweise bin ich bei Meisterschaften immer nervös. Heute war Teamtest!

Das Abreiten ging gut, ich fühlte mich sehr gut. Die letzten zehn Minuten konnten wir ins 10-Minuten Viereck. Dann der grosse Moment! Ich durfte einreiten ins Hauptviereck! Wow! Ich spürte sofort, dass sie noch mehr zog als sonst. Sie trabte wahnsinnig und ich spürte, dass sie immer schön bei mir war. Zum Glück habe ich trotz der Nervosität kein Power verloren!  

Ich konnte stark anfangen. Ganz ehrlich, einmal schielte ich zu Beginn auf die Anzeigetafel, es leutchteten 72 Prozent auf! Pow, dachte ich, so schlecht ist das gar nicht. Aber dann bin ich zum Halten gekommen. Es war leider etwas zögerlich… Dann purzelten die Prozente sofort. Das hat mich richtig runtergeknallt!

Noch in der Galopptour habe ein zweites Mal auf die Leinwand geschielt und gesehen, dass ich auf 70 Prozent war. Leider war der letzte Halt nicht so gut, aber wir erreichten noch 69 Prozent, was dann schlussendlich Platz 30. bedeutete. Ich war nach diesem Ritt sehr glücklich weil ich noch nie so viele Prozente hatte an einer EM!!!! In der Teamwertung wurden wir dann siebte insgesamt. 

Für Freitag habe ich mir für die Einzelwertung vorgenommen wie ein Kampftier zu reiten. Das habe ich auch absichtlich allen gesagt, die es hören oder eben auch nicht hören wollten. Aber ich machte das so, weil ich es unbedingt wollte. Ich habe volles Risiko geritten. So bin ich auf 71 Prozente gekommen. Es war für mich unfassbar. So ein Gefühl, das habe ich noch nie erlebt!!! Ich habe nur noch geweint, die Erleichterung war riesig. Und ich einfach nur glücklich. Das Pferd hat super mitgemacht, ich habe mich rieeeesig gefreut! Dann war ich lange Platz 5. und da kamen noch richtig gute Reiter – zum Schluss landete ich als beste Schweizerin auf Rang 10. und war damit noch platziert. Das war mega cool! Platz 10. von 80 Reitern.

Damit konnte ich mich für die Kür qualifizieren – 18 Paare waren qualifiziert. Am Samstagabend mussten wir noch einmal zum Vet. Check. Danach fand die Auslosung für die Kür statt. Ich habe eine knallige Musik von Ed Sheeran „Shape of you“. Diese Musik beflügelt mich und passt super zu Kelly und mir. Kür macht richtig Spass. Vielleicht habe ich im Mitteltrab etwas viel Gas gegeben oder sie hat sich mit dem hinteren Fuss in den Vorderen getreten, keine Ahung, jedenfalls galoppierte sie an. Das hat mich auch mächtig Punkte gekostet. Schlussendlich landete ich auf Rang 16 – das war schon ein super lässiges Gefühl.

Das Niveau an dieser EM war sehr sehr hoch. Und ich bin extrem happy mit meiner Leistung und mit meinem Pferd Kelly Sue. Ich bin sehr froh, dass mich mein Trainer Gilles Ngovan schon zu Hauseso gut auf diese EM vorbereitet hat.

Aufgezeichnet von Gina Kern
Beitragsbild: Ramona Schmid