Schliessen

Janika Sprunger – wie ist es in Basel zu reiten? Das Interview vor dem Heim-CSI.

7. Januar 2015, in Reportagen, Springen

Janika Sprunger wird in den nächsten Tagen am Longines CSI in Basel antreten. Zu Hause, vor heimischer Kulisse. Ein Heim-CSI für die erfolgreiche Baselbieterin! Ihre Freundin und seit neuem Mitarbeiterin von pferdonline – Tamara de Caro – hat sich mit Janika Sprunger vor diesem grossen Event unterhalten. 

pferdonline: Liebe Janika. Guets Neus! Mit deinen 27 Jahren hast du in deiner sportlichen Karriere schon eine Menge erreicht. Was sind deine Vorsätze und Ziele für das kommende Jahr?
Janika Sprunger: Das ist eine schwierige Frage. Ich bin nicht so ein Mensch für Vorsätze. Sportlich habe ich natürlich eine Menge vor. Im Februar/März gehe ich für drei Wochen nach Spanien auf ein Turnier, aber auch um zu trainieren. Normalerweise trainiere ich nur mit meinem Vater, aber jetzt auf Anfang Saison tut es gut, mit einem anderen Trainer zu arbeiten. Das gibt neue Inputs und neuen Auftrieb für das kommende Jahr. Ich habe momentan elf Turnierpferde, viele davon sind noch jung und es ist meine Aufgabe, sie dieses Jahr in den grossen Sport einzuführen. Mit Aris habe ich sicher das Ziel, in den Nationenpreisen mitzureiten. Die EM in Aachen im Juli ist etwa ein Fernziel. Das ist zwar ehrgeizig, aber ich denke das Pferd ist parat für diese Aufgabe.

Was meinst du mit „ehrgeizig“?
Die Konkurrenz ist gross, es gibt in der Schweiz einige gute Reiter die ebenfalls auf hohem Niveau reiten und in der gleichen Position stehen wie Aris und ich. Durch die Saison wird sich herauskristallisieren, ob wir dann auch für das Team gesetzt werden. Ich hoffe sehr, dass wir es in das Team dieser 5 Reiter schaffen. Aber es ist ein Turnier im Jahr und es wäre kein Weltuntergang, wenn es dann schlussendlich doch nicht klappt.

Die nächsten Tage wirst du wieder am Longines CSI Basel am Start sein. Wie bereitest du dich und deine Pferde auf dieses Turnier vor? Wie sieht diese letzte Woche vor dem Turnierstart für euch aus?
Das letzte Turnier war in Genf und ich nehme wieder die gleichen 3 Pferde mit (Aris, Geena und Uptown Boy). Wir waren jetzt zweieinhalb Wochen zu Hause, auch ich hatte kein anderes Turnier. Normalerweise bin ich nicht so lange am Stück zu Hause und ich konnte mich jetzt wirklich gut für den CSI vorbereiten. Am Sonntag hatten wir noch Springtraining und ich konnte mich in diesen zweieinhalb Wochen wirklich gut mit den Dreien auseinandersetzen. Ich hoffe sie sind gut im Schuss, aber ich denke ich habe das Beste gemacht und gehe gut vorbereitet an dieses Turnier. Schlussendlich braucht es aber auch immer noch etwas Glück.

Solbau Jagdspringen
Janika am CSI Basel 2013.

Hast du konkrete Ziele für das Turnier in Basel?
Für mich ist das Wichtigste, dass die vier Hauptprüfungen gut laufen. Ich sage nicht, dass ich gewinnen muss, aber zwei Nuller und zwei Stechen mitzureiten wäre schon das Ziel. Für was es dann reicht, sehen wir dann, ich lasse das auf mich zukommen. Aber die Hauptprüfungen sind mir wichtig, wenn ich in keinem dieser Springen ins Stechen komme, wäre das für mich schon eine ziemliche Enttäuschung. Wie bei anderen Turnieren, geht dann doch alles schneller als mir lieb ist. Es kann gut sein, dass ich 4 mal 4 Punkte habe, das ist dann nicht per se eine schlechte Leistung. Aber es ist halt immer etwas doof zu Hause – das brauchts jetzt nicht unbedingt, dass ich hier einen Abschiffer habe…

Das leitet gerade über zur nächsten Frage: du bist hier in der Region zu Hause und hier aufgewachsen, alle kennen dich – unterscheidet sich der CSI Basel von anderen Turnieren oder beeinflusst dich der Rummel um deine Person während des Turniers nicht?
Einerseits ist es schön, wenn man vor heimischem Publikum mal zeigen kann, was man das ganze Jahr so macht. Inzwischen weiss ich, was mich erwartet, es ist ganz klar eine sehr intensive Woche. Schlussendlich bin ich am Sonntag abend ziemlich ausgelaugt. Ich empfinde das nicht als negativ aber ich bin dann doch froh, wenn die Leute auch mal merken, dass ich mich jetzt konzentrieren muss und mich in Ruhe reiten lassen. Es reitet schon mit, man will es extra gut machen vor all den Leuten, da kann der Schuss auch mal nach hinten los gehen. Ich würde das nicht als schlecht bezeichnen, aber ich muss es nicht jede Woche haben, weil es sehr intensiv ist. Aber schlussendlich finde ich es schön.

Viele Leute hier in Basel werden sich an dich als junges, pferdeverrücktes Mädchen erinnern. Ist die damalige Leidenschaft fürs Pferd und die Freude am Reiten noch da oder ist die Reiterei für dich Business only wie für andere der Gang an den Bürotisch?

Eigentlich kann man es einfach beantworten: es ist beides. Schlussendlich ist es ein Beruf, ein Beruf der mich extrem beansprucht. Man könnte den nicht machen ohne Leidenschaft. Die Pferde nehmen einen wirklich in Beschlag, sie wollen auch an Feiertagen bewegt und gepflegt werden. Und das ist dann nicht nur ein Pferd, momentan reite ich elf Pferde. Klar, ich habe eine Bereiterin die mich unterstützt, aber das ist nicht ohne! Die Pferde gehen im zwei, drei Wochen-Rhythmus ans Turnier, ich selber bin ständig unterwegs. Das kann schon müde machen. Aber das hat nichts mit den Pferden selbst zu tun. Ich hab einen riesen Respekt vor meinen Pferden, sie machen mich zu dem was ich bin. Ich fühle mich ihnen gegenüber verantwortlich und möchte, dass es ihnen gut geht. Natürlich hat die Sicherheit meiner Pferde einen sehr hohen Stellenwert, aber trotzdem schaue ich, dass sie soviel wie möglich raus und an die Sonne kommen. Meine Pferde gehen 1-2x die Woche nur ins Gelände. Das mache ich nicht nur für einen Nuller im Parcours. Wenn man soviel mit seinen Pferden macht, oft auch etwas spezielle Pferde, hat man eine spezielle Bindung zu ihnen. Viele habe ich von jung auf und wenn dann die Leistung kommt und wir gute Ergebnis haben – davon lebe ich! Das kann mir niemand nehmen und darauf bin ich sehr stolz. Vielleicht ist es für Frauen auch anders als für Männer. Obwohl ich so viele Pferde reite, gibt es immer noch solche, in die ich mich richtiggehend verliebe. Man kann es also ganz klar nicht als normalen Beruf sehen, da muss man schon eine Menge Herzblut haben. Aber es macht mir noch immer mega Spass.

 War der Weg, den du jetzt gehst, für dich immer klar oder hast du jemals daran gedacht, etwas anderes zu tun als zu reiten? Was wäre das gewesen?Nein, das war für mich immer völlig klar. Das war immer mein Traum. Es ist ein riesen Glück, dass ich das so leben kann und auch die richtigen Leute um mich habe. Ich hatte auch als Kind nie einen anderen Traumberuf als den, den ich jetzt habe.

Es gibt bestimmt hunderte Mädchen und junge Frauen für die du ein Vorbild bist. Was für einen Rat kannst du ihnen mitgeben, was ist dein Geheimnis?Man braucht für diesen Sport Fleiss und Disziplin. Aber das braucht man ja bei allem, wenn man was erreichen will. Aber der Ehrgeiz muss gesund sein, man arbeitet mit einem Lebewesen zusammen. Ich hasse es, wenn Leute überehrgeizig sind mit ihren Pferden. Man muss bodenständig bleiben. Ich finde es auch sehr wichtig, dass auch noch Raum für anderes bleibt im Leben.

 

Hast du denn noch Raum für etwas anderes als die Reiterei?
Nein, für das bleibt keine Zeit. Aber für mich ist es sehr wichtig, dass ich guten Kontakt zu meinen Freunden und meiner Familie halte, die halten mich auf dem Boden. Es ist wichtig, seinen Träumen nachzujagen, dream big! Schlussendlich darf man dabei aber nicht vergessen, auf dem Boden zu bleiben. Für mich ist es wichtig, dass ich nicht immer nur „Reiterin“ bin, bin sondern auch mal einfach nur Mensch sein kann, unabhängig von der Platzierung auf dem letzten Turnier. Es ist mir sehr wichtig, dass das nicht verloren geht.

Wie gesagt, du bist bestimmt ein Vorbild für eine Menge junge Reiterinnen. Hast du selber ein Vorbild, inner- oder ausserhalb des Sports?
Im Parcours wurde ich Pénélope Leprevost nennnen. Sie ist einfach mega. Sie kann schnell reiten, ist so tough, reitet super schön. Menschlich bin ich ein riesen Fan von meiner Mutter.

Deine Mutter unterstützt dich sehr oder?
Sie kann nicht überall dabei sein, gerade im Ausland. Sie arbeitet ja auch. Aber sie unterstützt mich in allem, ist immer für mich da. Sie ist einfach ein super Mensch, immer gut zu allen, nicht nur zu mir, ich bin ja die Tochter. Das bewundere ich sehr, sie ist einfach toll.

Du bist gut beritten, hast ein unglaubliches Händchen auch für junge oder „schwierige“ Pferde. Geena war nicht immer einfach, oder?
Geena macht sich mega. Mal sehen, wo und wie ich sie in Basel einsetzen kann, ob ihr wohl ist in dieser Halle. Sie ist etwas moody. Aber sie ist ein Pferd, welches lesen und schreiben kann, eine richtige Kämpferin. Ich denke, wenn sie den Knopf auftut ist sie zu Unglaublichem fähig.

Welche Pferde sind dir denn grundsätzlich am liebsten? Was macht ein gutes Pferd für dich aus?
Das Talent muss da sein, man kann nicht aus jedem Pferd ein Superstar machen, das ist nicht so einfach. Sie müssen Vermögen haben und Respekt vor den Stangen. Für mich ist wichtig, dass ein Pferd Herz hat und ein Kämpfer ist. Meine Pferde müssen gerne springen und mitmachen wollen. Da kann ein Pferd mit weniger guten Veranlagungen besser sein, als einer mit top Voraussetzung, der sich psychisch selbst im Weg steht. Meistens kommt das dann aus einer Entwicklung raus. Wenn man die Pferde jung kauft, ist es nicht ganz einfach, man kann es nicht voraussehen. Bei mir hat man hat es mit Elektra gesehen, dort musste ich eingestehen, dass ich dieses Pferd in den ganz grossen Prüfungen nicht reiten kann. Die ging im Parcours anfangs immer top aber gegen die letzten Sprünge wurde sie stark und kam mir zu sehr auf die Vorhand. Nicht, dass ich keine Kontrolle mehr gehabt hätte, aber es war schwierig. Sie war auch dressurmässig für mich nicht einfach zu reiten. Aus dem habe ich gelernt und wenn wir jetzt ein Pferd kaufen schauen wir schon darauf, dass mir die Pferde auch physisch, vom Gebäude her, liegen.

 Wie wählt ihr denn deine Pferde aus?
Wir kaufen die Pferde jung. Herr Kähnys (Georg Kähny, Sponsor) Pferde sind meistens sechs bis sieben Jahre alt. Die sind dann meistens ein paar Turniere gelaufen und wir sehen, was sie schon leisten geleistet haben. Aber selbst dort hat man keine Garantie, dass das auch in den grossen Prüfungen klappt. Es ist schon genial, ich kann mir die besten Pferde unter den sechs- bis siebenjährigen aussuchen. Den Weg mit diesen Pferden zu gehen finde ich mega toll.

Wenn du aussuchen könntest, welches Springpferd hättest du gerne in deinem Beritt und warum?
Palloubet d’Halong, ganz klar, dazu muss ich gar nicht mehr sagen.

Stell dir vor, du bist einen Tag Turnierdirektor am CSI Basel. Gäbe es etwas, das du ändern würdest, anders machen?
Glücklicherweise bin ich Reiterin, nicht Organisatorin! Es ist bestimmt schwierig, ein Turnier so zu organisieren, dass es für alle stimmt. Grundsätzlich finde ich das Turnier aber toll, es hat sich super entwickelt und ich finde es gut, wie es sich in dieser kurzen Zeit schon positionieren konnte.

Liebe Janika, ich danke dir für das Gespräch und wünsche dir viel Glück am Longines CSI Basel 2015.

Dieses Interview führte Tamara de Caro. Wir begrüssen Sie an dieser Stelle herzlich im pferdonline-Team und freuen uns auf viele „coole“ Geschichten. Die Fotos sind von Katja Stuppia – Pferdefotografie.