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Ingrid Klimke – Kritik an den WEG: "Der Boden im Gelände war miserabel."

6. Oktober 2014, in Aktuell, Reportagen

Nach Aachen 2006 gab es bei den Weltreiterspielen in der Normandie Ende August erneut Gold mit der Mannschaft für Vielseitigkeitsreiterin Ingrid Klimke. Ein Moment, der bei der Reiterin traumhafte Erinnerungen an eine überzeugende Leistung des Teams, aber Kritik am Veranstalter für lange Wege und vor allem die Bodenverhältnisse auf der Geländestrecke weckt.

pferdonline: Die Weltreiterspiele in der Normandie sind Geschichte. Sie waren ja bereits bei zwei weiteren Weltmeisterschaften dabei – in Aachen 2006 und Kentucky 2010. Wie haben Sie die Normandie erlebt im Vergleich zu Aachen und Kentucky.
Ich hatte ja das Glück, dass ich jetzt drei Mal hintereinander bei Weltreiterspielen dabei war. Im Vergleich muss man natürlich sagen: Aachen war das Top-Championat. In erster Linie, weil es dort optimale Bodenverhältnisse gab. In allen drei Disziplinen war das einfach perfekt, besonders hervorzuheben ist der Geländeparcours von damals mit seinem Allwetterboden. Aber auch das großartige Stadion und dass alle Disziplinen so eng zusammenlagen, waren Tatsachen, die Aachen so besonders machten. Dort war der Sinn von Weltreiterspielen – Alles soll zusammenliegen, alle sollen eine große Familie sein – erfüllt.

Das war ja in der Normandie eher nicht so…
Ja, genau. 80 Kilometer lagen da unsere Wettkampfstätte fürs Gelände und das Stadion in Caen auseinander. Dadurch haben wir von den anderen natürlich nichts mitbekommen! Und zudem mussten wir unseren Pferden nach dem schweren Geländeritt noch den Transport zum Springen nach Caen zumuten, sie dort wieder neu einstallen etc. Das war natürlich alles andere als „pro Pferd“. Aber andererseits muss ich natürlich betonen: In diesem großen Stadion zu springen war für uns alle was besonders… das hatte schon was.

Letztendlich haben aber doch die negativen Fakten oberwogen bei diesen Weltreiterspielen?
Ja, an der ganzen Organisation hat es etwas gehapert. Wobei man den Organisatoren auch vieles zu Gute halten muss. Unsere Stallungen waren beispielsweise sehr schön. Alles, was für die Pferde hier organisiert wurde – Boxen, Waschplätze und so weiter – war in Ordnung. Auch die Vorbereitungsplätze und Möglichkeiten zum Training waren gut. Es gab zwar nicht die letzte Galoppmöglichkeit, aber da kam eben wieder der Boden ins Spiel. Gute Bodenverhältnisse waren hier einfach nicht gegeben! Und die sind natürlich eine Grundvoraussetzung – das war schon wirklich sehr, sehr schwach. Der Boden war einfach eindeutig zu tief.

Alltech FEI World Equestrian Games 2014
Gewann Gold: Sandra Auffahrt. Foto: FEI

Wie würden Sie die WEG-Geländestrecke beschreiben?
Man kann ganz eindeutig sagen, dass der Geländekurs schwierig war und dass die Bodenverhältnisse lange nicht so waren, wie sie uns das versprochen hatten und wie wir es uns natürlich auch erhofften.

Wie schätzen Sie die Leistung Ihrer ja noch sehr jungen Stute Escada bei den WEG ein? Ist sie hier über sich hinausgewachsen….
Die ist einfach toll. In der Dressur fand ich sie in der Trabtour sehr schön, im Schritt war sie etwas übermotiviert. Das zeigt noch etwas ihre Aufgeregtheit. In den ersten Wechseln im Galopp war sie dann auch noch etwas kernig, danach wurde sie aber immer losgelassener, was mich sehr gefreut hat. Im Gelände hat sie total gekämpft und alles gegeben. Am ersten Wasser hatten wir dann diesen kleinen Rumpler, vermutlich aus Unerfahrenheit, sie hat sich dann aber ganz schnell gefangen. Danach habe ich dann die Uhr ausgeschaltet und mir gesagt, ich reite nach Gefühl und lasse sie einfach ihr Tempo gehen, was sie mir bei diesen Bodenverhältnissen anbietet. Das Ziel heißt jetzt ankommen. Und das hat mit meiner ruhigen Runde ja auch geklappt. Im Springen war sie dann wieder total frisch, kernig, unheimlich vorsichtig und wollte einfach Null drüber kommen – toll! Traumhaft war es natürlich, in das volle Stadion einzureiten und dort zu reiten.

Was macht Escada für Sie so besonders?
Sie ist einfach traumhaft. Sie hat natürlich zum einen ganz tolle Bewegungen und auch die Veranlagung dazu, sich in der Dressur sicher noch weiter zu verbessern. Sie ist sehr leichtfüßig, mit ihr macht es einfach Spaß Dressur zu reiten, weil sie sehr elastisch und geschmeidig in ihren Bewegungen ist. Dazu hat sie unbegrenztes Sprungvermögen und ist unheimlich vorsichtig. Dazu ist sie total ehrlich. Sie ist ein Sportler durch und durch, gibt nie auf, bringt alles mit, was man sich als Vielseitigkeitsreiter wünscht. Vor allem ist ihr Interieur besonders, da sie einem ganz genau zeigt, was sie mag und was sie nicht mag. Sie ist sehr sensibel, sehr fein, man kann sich super auf sie einstellen. Man muss sie in ihrer ganzen Art einfach gern haben.

Alltech FEI World Equestrian Games 2014
Gold! Team Vielseitigkeit Deutschland.

Am Ende gab es für Sie in der Normandie zum zweiten Mal WM Gold im Team – dazu Gold und Silber für Sandra Auffarth und Michael Jung im Einzel. Wurde da gehörig gefeiert?
Ja, das war schon wirklich unglaublich. Nach meinem Ritt ging ich dann erstmal auf die Tribüne und habe mir dort alles angesehen. Erst Michael und dann Sandra total souverän und überzeugend. Wahnsinn! Abschließend muss ich zur Weltmeisterschaft aber nochmal betonen, dass man vom Veranstalter in Zukunft einfach verlangen muss, dass das Gelände noch deutlich mehr entschärft wird, wenn die Bodenverhältnisse derart miserabel sind. Das kann man den Pferden einfach nicht abverlangen. Die vielen unschönen Bilder bei dem Wasserhindernis, das auch noch eine schlechte Alternative hatte, dürfen einfach nicht sein. Keiner von den Reitern wünscht sich so etwas! Das muss in Zukunft besser gemacht werden!

Ihre Tochter Greta reitet ja mittlerweile mit ihrem Butts Abraxxas zu Siegen… Ist es für Sie als Mutter besonders schön zu sehen, dass der Sport auch Ihre Tochter so begeistert?
Ich freue mich einfach riesig drüber! Nächste Woche geht´s für mich dann auch als Begleitung zu den Deutschen Meisterschaften der Ponys, wo Abraxxas ebenfalls dabei ist und eine L-Vielseitigkeit geht. Für mich ist es unheimlich schön zu sehen, wie er zu Greta passt und ihr auch so viel beibringt. Er ist da ja auch eine Art Lebensversicherung. Und für ihn ist es toll, dass er weiter gebraucht wird.

Interview: Alexandra Koch
Beitragsbild: Klimke und Escada in Aachen 2014 – Foto: Daniel Kaiser.

Lesen Sie MEIN TAG, Ingrid Klimke.