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Helmpflicht auf dem Abreiteplatz – alles eine Frage der Gewohnheit?

8. November 2014, in Aktuell, Dressur, Reitsport

Seit dem sensationellen Olympia-Doppelsieg der Britin Charlotte Dujardin ist in der Dressur etwas zur Normalität geworden: Das Tragen eines Helmes in den höchsten Dressurprüfungen. Was in Prüfungen zwar noch fakultativ ist, ist auf Abreiteplätzen seit Anfang Jahr Pflicht. Alle Dressurreiter in der Schweiz tragen einen Helm. Wer reitet noch mit Zylinder? Was ist IN und was ist OUT? Wurden mehr Helme verkauft? Und was sagen die Richter zu Thema Helm, Frack und Zylinder?

Der Zettel hing vielerorts  an der Hallenbande: Helmtragepflicht auf dem Abreiteplatz. Zu Beginn der Saison war dieses Bild noch sehr gewöhnungsbedürftig. Richterchefin Steffy Kuriger: „In Bern, Buchs und Bättwil mussten wir die Reiter darauf hinweisen, dass sie mit Helm reiten sollen. Aber es war nie mutwillig, einige Reiter wussten es einfach noch nicht.“ Und so muss auch für die höchste Klasse in der Dressur – den Grand Prix – auf dem Abreiteplatz mit Helm abgeritten werden. Zu Beginn der Saison wechselten viele Reiter vom Helm auf dem Abreiteplatz zum Zylinder in der Prüfung. Zum Beispiel Birgit Wientzek Pläge.

Abreiteplatz Box 2
Tauschte zu Beginn der Saison noch Helm gegen Zylinder.
Abreiteplatz Box
Birgit mit Helm beim Abreiten.
Alltech FEI World Equestrian Games™ 2014 - Normandy, France.
Das Treppchen von CAEN: In der Mitte Dujardin mit Helm.

Können Sie sich die Doppelolympiasiegerin und Weltmeisterin Charlotte Dujardin ohne Helm vorstellen? Nein? Hand aufs Herz: Wir haben uns ans Helmtragen gewöhnt. Und Steffy Kuriger stellt fest: „Im Verlaufe der Saison wurde das Helmtragen auch in den Prüfungen immer mehr zur Selbstverständlichkeit. Vor allem nach den WEG ist mir aufgefallen, dass auch im Grand Prix vermehrt mit Helm geritten wurde.“

Die Genferin Antonella Joannou beispielsweise reitet ihren Dandy de la Roche auch in der Prüfung immer mit Helm. Und auch Christian Pläge reitet mittlerweile mit einem lässigen Silber-Helm. Aber auch Gilles Ngovan hat in Aarau den Grand Prix mit Helm gewonnen. „Ich wechsle ab. Je nach Lust und Laune. Vor allem nach Wetter! Wenn es regnet habe ich keine Lust noch den Zylinder anzuziehen“, schmunzelt der Berufsreiter aus Deitingen.

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Zum Vorbild für die Jugend: Gilles Ngovan mit Helm im Grand Prix.

 

Einer, der Helme in der höchsten Klasse der Dressur gar nicht mag, ist Hans Staub. „Ich finde es passt einfach nicht zusammen. Der sportliche Helm und der klassische Frack. Aber ich bin halt etwas altmodisch“, so Staub. „So lange ich auswählen kann, reite ich mit Zylinder, wenn es eine Änderung im Reglement zur Helmtragepflicht in den Prüfungen gibt, passe ich mich selbstverständlich an.“ Übrigens ist Staub in Doha den 5-Sterne-CDI mit Helm geritten. Warum? „Ich hatte zu wenig Platz im Koffer“, gibt Staub lachend zu. Aha, doch!

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Ein bisschen Spass muss sein: Hans Staub und Warbeau mit dem Jägerhüterl am Vet-Check am Turnier in München.

 

Noch muss in der Stufe S also erst mit Helm abgeritten werden. Gemäss Kuriger ist da auch künftig keine Änderung vorgesehen: „Ich möchte keine Reglementsänderung einführen, so lange das nicht von der FEI kommt.“ Wahrscheinlich werden uns da die Holländer oder die Deutschen zuvorkommen, aber das sei auch gut so.

 

Nun tragen in der Dressurszene also praktisch alle Reiter Helme. Auch in den Prüfungen. Werden auch mehr Helme verkauft? Claudia Züger vom Rosslade in Wallisellen: „Wir haben dieses Jahr sicher zwanzig Prozent mehr Helme verkauft. Auffallend ist jedoch, wir haben keinen einzigen Zylinder mehr verkauft!“ Und auch Felix Bühler verzeichnet einen leichten Anstieg der verkauften Helme, denn wenn Profireiter Helme tragen hat dies eine positive Signalwirkung auf die Basis, bis hin zu den Freizeitreitern.

Wer also einen Zylinder hat, der kauft keinen neuen mehr. Dann lieber einen Helm. Und dies ist auch gut so. Denn fürs Gesamtbild und für den Betrachter am Viereckrand mag Helm und Frack gewöhnungsbedürftig aussehen, die Richter am Tisch urteilen nicht „nach Helm oder nicht Helm“. Noch einmal die Richter-Chefin Steffy Kuriger: „Nach fünf Reitern habe ich jeweils keine Ahnung mehr, wer mit und wer ohne Helm seine Prüfung geritten ist.“ Und wie lange wird es noch dauern, bis auch international nur noch mit Helm geritten wird? „Ich schätze keine fünf Jahre mehr“, so Kuriger. Und dazu hätte Hans Staub noch etwas anzufügen: „Wenn international mit Helm geritten werden muss, dann muss man das gesamte Tenü überdenken – und da laufen auch schon erste Diskussionen.“ Kleine Anmerkung: Oft sind es die Frauen, die die ersten Schritte wagen und einen Helm tragen. Patricia Schärli und Antonella Joannou haben sich an der SM Dressur im Elitefeld als einzige Teilnehmer mit Helm gezeigt. Im Nachwuchsbereich ist das Tragen eines Helmes übrigens obligatorisch.