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Voltige: Springt die gelernte Maurerin Nadja Büttiker aufs Weltcup-Podest?

3. März 2017, in Aktuell, Newsticker

Sie ist gelernte Zier- und Topfpflanzengärnerin und macht derzeit eine Zusatzlehre als Maurerin. Zu 100-Prozent ist die 22-jährige Nadja Büttiker aus Mosnang Amateursportlerin. In ihrer Sparte aber ist die Balancekünstlerin auf dem galoppierenden Pferd Weltklasse. Als Einzelvoltigierin setzt die bescheidene Toggenburgerin dieses Wochenende in Dortmund zum Sprung aufs Weltcup-Treppchen an.

Wer Mosnang und Sport erwähnt, denkt an Maria Walliser. Die ehemalige Skirennfahrerin ist aber nicht die einzige Weltmeisterin aus dem Toggenburger Dorf. Auch die Seilzieher haben schon WM-Gold gewonnen und die Geschwister Martina und Nadja Büttiker. 2012 in Le Mans liessen sie sich als Voltigier-Weltmeisterinnen mit der Gruppe des Schweizer Serienmeisters Lütisburg feiern. Inzwischen ist die 27-jährige Martina Büttiker, die ältere Tochter der Ingenieursfamilie Büttiker als Aktive zurückgetreten. Sie kümmert sich als Longenführerin um den Nachwuchs der Lütisburger Überfliegerinnen.

Die gelernte Bäcker/Konditorin Martina und ihr älterer Bruder Stefan, der Optiker studiert, haben Nadja zum Longieren animiert. „Die älteren Geschwister schleppten mich als Siebenjährige erstmals nach Bazenheid mit. Sofort fand ich Gefallen am Zusammenspiel zwischen Mensch und Tier. Ich mag Tiere. Pferde besonders. Zuhause haben wir auch zwei Katzen und Schlangen.“ Das Pferde-Gen hat Mama Büttiker ihren Kindern übertragen. Edith Büttiker sprang indes über Hindernisse, in Concoursprüfungen und bei Geländeritten.

2005 wechselten die Büttikers zu Voltige Lütisburg an die Longe von Monica Winkler-Bischofberger. Die Gemahlin des ehemaligen St. Galler Fussballers Patrick Winkler ist die treibende Kraft der derzeitigen Voltigier-Überflieger. „Moni pusht. Sie treibt an. Sie motiviert. Sie fordert viel, hat aber als Lehrerin auch viel Einfühlungsvermögen, Geduld und Verständnis. Im Laufe der Jahre ist sie zu einer Freundin geworden“, erzählt Nadja über ihre Förderin.

Nach zahlreichen Medaillen mit der Gruppe, darunter nebst dem WM-Titel 2002 auch WM- und dreimal EM-Silber und neun nationale Meisterschaften, entschloss sich Nadja vor sieben Jahren auch Einzel-Voltigierein zu werden und noch mehr zu trainieren. „Sie bringt alles mit, um auch als Einzel-Volti erfolgreich zu sein und Medaillen zu gewinnen“, ist Moni Winkler überzeugt. „Sie ist ein Riesentalent, verfügt über ein ausgezeichnetes Stehvermögen, viel Schnellkraft und verbindet Akrobatik mit Eleganz. Nur an Ausstrahlung muss sie noch zulegen.“

Die bescheidene Nadja Büttiker errötet fast ob soviel Lob: „Ja, ich beherrsche wohl die Pflichtfiguren und die einzelnen Elemente. Ich kann mich konzentrieren, bleibe ruhig und cool und suche die Harmonie zwischen mir und dem Pferd.“

Das Pferd? Nomen est omen. Es heisst Keep Cool und ist laut Nadja „ein Schnügel. Er macht seinem Namen alle Ehre. Er ist gross, kräftig und hat einen riesigen Galopp. Man muss ihn kennen, um mit ihm alles machen und ausprobieren zu können.“ Inzwischen sind Nadja und der in Deutschland gezogene 12-jährige Dunkel-Fuchs ein harmonuisches Duo. „Wir sind zu einer Einheit geworden und verstehen uns. Deshalb rechnen wir uns auch am Weltcupfinal in Dortmund ein Spitzenergebnis aus.“

Von Rang drei bis Rang fünf sei alles möglich, gibt sich Nadja bescheiden. Es wäre unrealistisch und allzu verwegen, sie als Nachfolgerin der 2016 siegreichen und inzwischen zurückgetretenen Zürcherin Simone Jäiser zu sehen. Die Italienerin Anna Cavallaro, die auch Fussball spielt und selbst ein Team coacht, und die WM-Zweite, die Deutsche Kristina Boe, seien zu favorisieren. Sie haben je zwei Weltcup-Qualifikationen gewonnen. Nadja Büttiker erreichte den finalen Wettbewerb dank eines zweiten Platzes in Madrid und zwei dritten Rängen in Leipzig und Salzburg. Sie war damit Gesamt-Vierte der Qualifikation. Denselben Platz nimmt sie derzeit auch in der Weltrangliste ein. Also bereit zum Sprung aufs Podest? „Ja. Aber dann muss alles klappen, darf ich keine Patzer haben.“

Zwei zählende Kürprogramme zu je 80 Sekunden sind in Dortmund den Juroren zu präsentieren. Nadjas Musical-Thema heisst „leicht und dunkel“. Sie turnt es im Training auf Keep Cool und mit Monica Winkler-Bischofberger an der Longe leicht und locker. Jetzt muss sie nur cool bleiben und den Traum Wirklichkeit werden lassen.

Hier gehts zu den Ranglisten von Dortmund!

Text: Peter Wyrsch
Foto: Privat