„Benoten, bewerten und verbessern von Dressurlektionen“ war das Thema des diesjährigen Seminars der Lehrserie „die Alten Meister“, welche durch die Dressurakademie Silvia Iklé zum 4. Mal in Gossau durchgeführt wurde. Rund 300 Zuschauer fanden den Weg in die Reitanlage Eisfeld und wirkten aktiv mit.
Das Gestüt Birkhof stellte den Zuschauern im Laufe des Nachmittags drei Pferde in der Kategorie L, M und S vor. Jedes Programm wurde sowohl von FEI-Richter Christof Umbach, wie auch FEI-Richter Anwärter Hans Voser beurteilt und benotet. Auch das Publikum wirkte aktiv mit, indem es über die App „Spectator Judging“ für jede Lektion Noten abgeben konnte. Jean Bemelmans analysierte jeden Ritt, wobei er stets die Qualität des Paares heraushob und durch gezielte Übungen innert wenigen Minuten demonstrierte, wie welche Lektion verbessern werden konnte. „Mein Ziel ist es, dass die Leute mit neuen Ideen nach Hause fahren, wie sie ihre eigenen Pferde zu Hause schulen können“, so Bemelmans. Damit unterstrich er die Worte des Moderators Frank Henning: „Es geht nicht darum, nur auf Turnieren gut zu reiten, sondern jeden Tag zur Gesunderhaltung unserer Pferde.“
App für die Zukunft
Die Ergebnisse der bereits auch international eingesetzten Spectator Judging App waren verblüffend: Bei allen drei Programmen lagen die Ergebnisse der beiden Richter wie auch das Ergebnis der knapp 100 involvierten Zuschauer nie mehr als 1% auseinander. So ist es dem Fachgremium durchaus ein Gedanke wert, dass eine echte Gewichtung seitens der Zuschauer in Zukunft möglich sein könnte. „Dies würde unser Sport durchaus attraktiver machen“, so Voser. Auch Peter von Grebel, der Präsident der Dressurakademie, ist beeindruckt vom Nutzen der App und sieht dies insbesondere in der Richterausbildung als wertvolles Instrument: „Durch die Anonymität traut man sich viel eher zu richten, was man tatsächlich sieht.“
Die Richter wissen was sie tun
Den Perspektivenwechsel vorzunehmen und in die Rolle eines Richters zu schlüpfen, förderte das Verständnis und machte auf die Schwierigkeiten des Richtens aufmerksam. Zudem wurde klar aufgezeigt, dass unterschiedliche Bewertungen nicht immer schlecht sein müssen und über das Ganze gesehen wieder zum selben Resultat führen. „Der eine Richter legt beispielsweise grösseren Wert auf Elastizität, der andere wünscht sich mehr Selbsthaltung des Pferdes. Genau aus diesem Grund sind es ja bis zu 5 Richter an unterschiedlichen Orten“, betonte Umbach und begründete darin Differenzen in Bewertungen.
Die Zuschauer wirkten interessiert und begeistert vom „Alten Meister“. „Bemelmans ist ein Lehrmeister, welcher sich vor allem sprachlich sehr präzise ausdrückt und es dabei immer auf den Punkt bringt. Dabei spürt man stets seine positive Energie, die auch auf Reiter und Pferd übertragen wird. Er ist für mich der Inbegriff des modernen Reitlehrers, der mit der Zeit geht und dabei stets die laufende Entwicklung des Dressursports sowie die Zucht berücksichtigt“ so Ernst Wettstein, der ebenfalls als Zuschauer anwesend war.
Zur Person Jean Bemelmans (grosses Foto oben) :
Der Reitmeister Jean Bemelmans gehört zu den erfolgreichsten internationalen Dressurtrainern der Welt. Der gebürtige Belgier ist selbst bis Grand Prix geritten und ist seit 5 Jahren der französische Nationaltrainer. Zuvor betreute er lange die spanische Dressurequipe. Der 67-jährige trainiert nicht nur ausländische Spitzensportler, sondern auch deutsche Reiter profitieren von ihm als Dressurtrainer am DOKR in Warendorf oder auf seinem Gut Landfrieden bei Düsseldorf.
Text: Corin Koch, Fotos: Valeria Streun