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Janika Sprunger zu ihrem Umzug nach Belgien: "Ich habe mein eigenes Leben." Das Interview.

30. November 2015, in Aktuell, Springen

Vor zwei Jahren weinte sie bittere Tränen. Für die Rekordsumme von zwölf Millionen Euro wurde Palloubet du Rouet 2013 nach der EM in Herning (Dä) nach Katar verkauft. Janika Sprunger war zwar um eine hübsche Summe reicher, stand aber ohne Spitzenpferd da und verlor ihren Platz in der Schweizer Equipe. Zwei Jahre später lächelt Janika wieder. Mit Bonne Chance winkt ihr eine reelle Olympia-Chance. Die sympathische Reiterin zu ihrem Traumjahr, ihrem Traumpferd und ihrem Traummann.

Die 28-jährige Baselbieterin, Mitglied der Schweizer EM-Bronze-Equipe Ende August in Aachen, ziert zusammen mit Fredy Knie jun. das Plakat des Mercedes-CSI Zürich und ist nach einjähriger Abwesenheit von den ganz grossen Turnieren wieder zurück und gefragt. Und sie lächelt. Die fesche Amazone hat auch allen Grund dazu. Mit ihrer neunjährigen Holländer-Stute Bonne Chance schaffte sie wieder den Sprung in die Schweizer Mannschaft, gewann den Grossen Preis des Fünfsterne-Turniers in Falsterbo, war Fünfte im GP von St. Gallen und verzeichnete mit der federleicht springenden Stute 2015 fünf Nullfehlerritte in Nationenpreisen der höchsten Kategorie.

pferdonline: Janika Sprunger, sie blicken auf ein Traumjahr zurück?
Janika Sprunger: Ich glaubte stets an die speziellen Fähigkeiten von Bonne Chance, die ich seit drei Jahren in meinen Zügeln habe und kontinuierlich und mit viel Arbeit und Geduld aufbaute. Ich habe aber nicht damit gerechnet, dass der Aufstieg in die internationale Spitze so schnell gehen würde.“

Wann zeichnete sich die Klasse für höchste Ansprüche an?
Ich siegte im Frühjahr im GP an den Dreisterne-Turnieren in Vejer de la Frontera in Spanien und in Busto Arsizio in Italien. Aber eigentlich rechnete ich diese Saison noch mit Aris, dem kräftigen Fuchs-Hengst. Bonne Chance drängte sich aber auf. Beim CSIO Rom setzte ich im Nationenpreis erstmals auf sie und sie machte toll mit. Mit vier und null Fehlern vermochten wir beim Debüt gleich zu überzeugen.

Mit Aris haben sie aber auch etliche Spitzenplätze realisiert.
Ja, im Nationenpreis Ende April in Lummen war Aris noch mein Nationenpreis-Pferd. Der Hengst verfügt ebenfalls über viel Potenzial, ist aber kräftiger gebaut. Bonne Chance ist kleiner und feiner, eine Stute eben und eher ein Mädchen-Pferd. Wir passen besser zueinander, die Feinabstimmung ist leichter.

Dann ging die Post ab.
Ja, GP-Fünfte in St. Gallen und dann der grosse Coup mit dem GP-Sieg in Falsterbo und null und vier Punkten im Nationenpreis. Als ich noch in Hickstead einen Doppelnuller hinlegen konnte, stiegen meine EM-Chancen rapide, zumal Steve Guerdat wegen seiner leidigen Doping-Affäre und trotz seiner Unschuld passen musste und Pius Schwizer keine Spitzenpferde für einen Titelkampf mehr besass. Der einen Leid, der anderen Freud.

Wie ging es weiter?
Nach der Hochform und dem fantastischen Medaillengewinn in Aachen bestritten wir noch den Nationenpreis-Final in Barcelona. Bonne Chance erbrachte nicht mehr die erwartete Leistung. Sie war müde. Die Wochen zuvor waren für das junge, unerfahrene Pferd doch etwas viel. Wir gaben ihr daher eine siebenwöchige Pause. Nächste Höhepunkte sind der CSI im Dezember in Genf, der CSI in meiner Heimatstadt Basel und das Weltcupturnier in Zürich im Januar. Ein, zwei Concours zuvor dienen der Vorbereitung.

Wird Janika Sprunger weiterhin auf Bonne Chance zählen können? Die Angebote sollen ja utopisch sein.
Ich gehe davon aus, dass ich Bonne Chance auch nächstes Jahr reiten darf. Besitzer Georg Kähny liess sich jedenfalls diesbezüglich vernehmen.

Ihr Ziel für 2016 ist klar.
Die Olympischen Spiele in Rio natürlich. Es war einst ein Traum, jetzt ist es ein realistisches Ziel.

Sie sind Baslerin, haben ihre Heimat aber verlassen.
Ich bin im Oktober zu meinem Freund (dem italienischen Springreiter Piergiorgi Bucchi) gezogen. Meine Pferde sind in Hamont-Achel in der Region Flandern in Belgien eingestallt. Meine Pferde belegen acht Boxen. Ich wohne nur einige Kilometer entfernt in Budel in Holland. Die Infrastruktur ist grossartig und ich bin zentraler als in Basel gelegen.

Wie hat ihr Papa und Trainer Hansueli Sprunger darauf reagiert?
Hansueli (so nennt Janika ihren Vater) hat mich in meiner Entscheidung unterstützt. Er nimmt es mir nicht übel, dass ich seinen Reitstall in Lausen verlassen habe. Er zeigt Verständnis. Ich lebe ja auch mein eigenes Leben.

Interview: Peter Wyrsch