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Eine Geschichte zum Fest der Liebe. Es ist die Geschichte von Tiggy und Jürg Lenherr, Sport- und Handelsstall in Pfyn

24. Dezember 2015, in Aktuell, Dressur

Wenn die Lenherrs dieses Jahr Weihnachten feiern, so wird dies im englischen Stil passieren. Ganz klassisch mit Truthahn und englischem Pudding. Tiggy Lenherr lacht. Sie rückt ihre Kappe zurecht, zieht den Helm an und setzt sich auf die Fuchsstute. Ihr Mann Jürg steht daneben, lacht für die Kamera. Aber nicht nur. Das Paar hat gut Lachen, denn man spürt, dass hier „echte“ Liebe im Spiel ist. Die Geschichte des Sport- und Handelsstall Lenherr passt irgendwie zu Weihnachten. Es ist eine Liebesgeschichte des Paares, eine gefundene Liebe zum Partner und zum Pferd.

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1997 kaufte der damalige erfolgreiche Springreiter Jürg Lenherr die Anlage im Thurgauischen Pfyn von Urs Fäh ab. Zusammen mit seiner damaligen Freundin, der Dressurreiterin Isabel Jüstrich, begann er den Pensions- und Ausbildungsstall aufzubauen. „Es gab einen Schlüsselmoment, als ich meine zwei besten Springpferde an Gerhard Etter verkaufte. Da spürte ich, das ist das Ende meiner Sportkarriere“, so der 46-jährige. Er begann vermehrt junge Spring- und Dressurpferde zu kaufen und auszubilden um sie wieder zu verkaufen. Dabei war es wiederum Gerhard, welcher ihm Videos von Dressurpferden vorspielte, unter anderem von einem schwarzen Hengst, welcher bei Arnold Winter in der Wintermühle in Deutschland stand. „Der Hengst wurde von Tiggy geritten, ich wusste allerdings nicht, dass das Pferd in ihrem Besitze war und eigentlich gar nicht zu verkaufen war“, lacht Jürg. Nun wurde der Kauf des schwarzen Hengstes zu einem weiteren Schlüsselerlebnis – er lernte Tiggy kennen und lieben. Durch Tiggys Unfall – einem Peitschenschlag ins Auge – konnte sie längere Zeit nicht reiten und begann für Winter im Handelsgeschäft zu arbeiten. „So hatten wir geschäftlich viel miteinander zu tun“, erzählt Tiggy.

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2008 kam Tiggy in die Schweiz. Sie war nie zuvor in der Schweiz. Hat die Anlage von Jürg nie gesehen. Als ich aus dem Auto ausstieg, war ich schon sehr erleichtert, dass ich an einem schönen Ort angekommen bin“, schmunzelt sie. Sie sei nur wegen Jürg gekommen und hätte ja auch in einem Dreckloch landen können, lacht sie und nimmt einen Schluck Glühwein. „Ich habe aber von Jürg nichts anderes erwartet als ein gepflegter Ort und ein neues schönes zu Hause“, sagt sie augenzwinkernd weiter. Die Leute hätten sie offen und freundschaftlich empfangen – „das hat mir unglaublich geholfen.“

Die gebürtige Engländerin ist als 20-jährige nach Deutschland ins Dressurtraining gekommen. Aus einer Woche wurden 15 Jahre. Tiggy ritt bei Klaus Balkenhol als Bereiterin, dann bei Ellen Bontje und Conrad Schumacher, es folgten ein paar Jahre in einem Trakehnergestüt und eben zuletzt bei Arnold Winter in der Wintermühle als Ausbildnerin. „Das letzte was ich je wollte ist in einem Handelsstall landen“, sagt sie und meint es ernst. „Ich habe es zu meiner grossen Philosophie gemacht, dass man auch in einem Handelsstall seriös ausbilden und reiten kann. Ich behandle jedes Pferd als würde es ewig bleiben und bin doch immer bereit es herzugeben. Das musste ich in all den Jahren lernen.“

Bei Lenherrs stehen rund 40 Pferde – rund sieben bis acht Handelspferde, zusätzlich noch einige in Deutschland. Manche werden längere Zeit ausgebildet. Das Paar investierte viel in die Infrastruktur der Reitanlage, zum Wohlbefinden der Pferde: Eine Führanlage und Longierhalle wurde gebaut, Allwetterpaddocks und der Aussenplatz erneuert.

2009 heiratete das Paar. Tiggy sagt: „Ich hätte nie gedacht, dass ich eines Tages einmal in der Schweiz landen würde.“ Nur ein Jahr nach der Hochzeit wurde ihr Glück perfekt – Sohn Jamie (5) erblickte das Licht der Welt. Tiggy ist gelernte Kleinkinderzieherin, ein Kind zu haben sei für sie ein grosses Glück. Der kleine Jamie reitet übrigens auch gerne, er liebt es mit dem Pony „Indianerlis“ zu spielen und auszureiten. „Jamie muss nicht reiten, aber er darf wenn er will“, so Jürg.

Jürgs liebstes Hobby sind die Alterspferde auf der Rentnerweide, ein Nebengeschäft des Ausbildungs- Pensions- und Handelsstalls. Rund 20 Pferde geniessen bei Lenherrs ihr Gnadenbrot. Jürgs Tag beginnt mit dem Füttern der Alterspferde, danach ist Besprechung im Stall mit den vier Mitarbeitern. Vormittags werden alle Pferde geritten – um 12.30 Uhr ist Mittagessen im Haus. „Jürg kocht meistens“, sagt sie und lächelt ihn an. „Meistens, aber manchmal auch du“, scherzt er zurück.

An Weihnachten kochen die Lenherrs gemeinsam. Die Eltern von Jürg und Tiggy und eine Schwester aus England kommt mit den Kindern vorbei. „Diese Momente geniessen wir sehr“, sagen beide und setzen einen neuen Glühwein auf.

Text: Gina Kern

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