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Atemwege. Wenn das Pferd keine Luft kriegt!

20. Juni 2014, in Medizin

Atemwegserkrankungen gehören nebst Lahmheit zu den häufigsten Erkrankungen bei den Pferden. Die Ursachen und deren Auslöser sind nur unvollständig erforscht. Übeltäter sind Schimmel- und Pilzsporen, Schadstoffe in der Luft und verschiedene Viren. Diese schwächen die lokale Immunabwehr und schädigen die Lunge vor.

In Ruhe ist eine Erkrankung zu Beginn nicht oder nur schwer ersichtlich. Im Spring- und Dressursport werden hohe Leistungen vom Pferd nur in wenigen Minuten erbracht und der Reiter kann Initial meistens keine Leistungseinbusse feststellen; jedoch wird häufig eine erhöhte Atemfrequenz meist schon zu Beginn der Arbeit bemerkt. Anders sieht es bei Ausdauerdisziplinen aus, hier kann das Pferd die geforderte Leistung nicht mehr erbringen. Der Tierarzt kann mittels einer umfangreichen Untersuchung die Erkrankung feststellen.

Arten der Atemwegserkrankungen
Die IAD (Inflammatory Airway Disease – Entzündliche Atemwegserkrankung) tritt meist bei jungen Pferden auf. Das Krankheitsbild zeigt sich typischerweise in einer erhöhten Atemfrequenz schon bei geringer Belastung. Die meisten Pferden husten nicht und auch ansonsten scheint das Pferd ohne Beschwerden zu sein. Die betroffenen Pferde reagieren auf unspezifische Reize (z.B. Heustaub, Stroh) mit einer Entzündung der kleinen Lungenbläschen. Dies kann zur erhöhten Produktion von Schleim in den Atemorganen führen. Meist jüngere Pferde und auch viele Pferde ab 10 Jahren sind betroffen.

Wenn eine IAD nicht ausheilt, kann sie eventuell (bisweilen wissenschaftlich noch etwas unklar) in das weitere Stadium der RAO (Recurrent Airway Obstruction – wiederkehrende Atemwegsobstruktionen) führen. Diese Atemwegserkrankung ist nicht heilbar. Auslöser für die Allergie sind in den meisten Fällen die Schimmelpilzsporen aus Heu und Stroh. Es reichen schon geringe Mengen aus um den allergischen Krankheitsprozess aufrecht zu erhalten. Die gereizte Lunge reagiert überempfindlich auf jeglichen Staub, sehr kalte Luft und Reizgase.

Vorsorge und Massnahmen
Die chronische Atemwegserkrankung wird häufig diagnostiziert. Die Pferdehalter können durch ein besseres Stallklima und der guten Zufuhr von Frischluft ohne grossen Aufwand einiges zur Prophylaxe beisteuern. Bei Fällen von IAD kann über einen begrenzten Zeitraum Heulage oder nasses Heu verfüttert werden, nach Abheilung kann wieder auf normale Heufütterung umgestellt werden. Bei RAO hingegen ist es notwendig, lebenslang eine heustabfreie Haltung mit staubfreier Einstreu ohne Stroh zu gewährleisten. Auch der Reitboden sollte täglich gepflegt, bewässert und regelmässig gemistet werden, sonst vertrocknen die Pferdeäpfel und der Boden staubt. Der Staub wird beim reiten durch die Luft gewirbelt und vom Pferd eingeatmet und die Atemwege werden somit auf alle anderen möglichen Staubarten empfindlich gemacht.

Wenn das Pferd doch erkrankt ist?
Dr. Eva Maischberger, Departement für Pferde Universität Zürich empfiehlt bei einem Verdacht auf IAD: „Mit einer ausführlichen klinischen Untersuchung des Pferdes wird eine Diagnose gestellt und andere Ursachen können ausgeschlossen werden.“ Nach einem ersten Ausschlussverfahren werden die weiteren Untersuchungen vorgenommen. „Wir machen eine Lungenendoskopie, danach folgt eine Lungenspülung und zum Schluss wird ein Lungenröntgenbild erstellt“.

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Lungenendoskopie: Kehlkopf

Nach der Diagnose wird eine Therapie für das Pferd ausgearbeitet, dabei empfiehlt Dr. Eva Maischberger „Das Pferd soll heustaubfrei gehalten werden, zudem kann in ausgewählten Fällen eine Inhalationstherapie mit lokalen bronchienerweiternden und entzündungshemmenden Medikamenten durchgeführt werden“.

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Lungenendoskopie: Gabelung der Luftröhre

Zur Prognose meint Dr. Eva Maischberger „Bei strikter Einhaltung eines staubfreien Managements und Inhalationstherapie sind die Aussichten gut. Die Pferde kehren zur ursprünglichen Leistung zurück. Bei einer Früherkennung der RAO kann ein weiteres fortschreiten verhindert werden. Das Krankheitsbild in fortgeschrittenem Stadium zeigt sich durch hohe Atemfrequenz und pumpende Atmung in Ruhe, husten, bis hin zur Atemnot. Es besteht keine reiterliche Nutzung mehr.“

Text: Sandra Zindel