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"Zäh tuusig muess er scho bringe!" – die Hoffnungen vor der Elite-Fohlenauktion. Eine Reportage.

14. Juli 2015, in Reportagen

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Heute war’s dann soweit. Ich hab das Projekt „Pferdezucht“ nach vier Versuchen abgebrochen. Unsere Prinzessin will kein Fohlen. Nein. Der Follikel war vorgestern drei Zentimeter, heute 2.8. „Er bildet sich wieder zurück, es tut mir leid“, sagte die Tierärztin mit einem leicht verzogenen Gesicht. Es hatte nicht sollen sein. Zudem sei nun mitte Juli, die Decksaison neige sich dem Ende zu. Ausser Spesen – und viel Herzblut – nix gewesen. Eine erste „Zucht-Erfahrung“ – alles nicht so einfach, find ich. 

Besuch bei der Fohlenvorauswahl des VSS für die Suisse Eliteauktion am 8. August in Galgenen. Der Jahrgang 2015 präsentiert sich in hier in Frauenfeld und einen Tag später  in Bern. 

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Ein Fohlen in  Frauenfeld. Foto: Katja Stuppia

Die gesunden Fohlen traben alle locker und schwungvoll vor sich hin. Ich studiere die Gesichter der Besitzer. Unglaublicher Stolz erfüllt ihren Ausdruck. Zurecht. 

Ein Lächeln huscht über ihre Lippen. Oft haben sie ihre Fohlen auf der Weide noch nie so traben gesehen. Die Aufregung hilft! Die Züchter präsentieren ihr gelungenes Zuchtprodukt – ein kerngesundes Fohlen – der Jury. Schöne lange Rückenlinie, gut angesetzter Widerrist, ein trockenes schönes Gesicht. Tolles Fohlen mit viel Aufrichtung, tönt es durch den Lautsprecher. 

Der nette Mann mit der netten Stimme und hier rechts auf dem Bild mit Brille, ist Hans-Heinrich Brüning. Er ist Vorstands-Mitglied des Hannoveraner Verbandes und extra aus Deutschland angereist, um die Schweizer Fohlen auszusuchen. Ein Profi. Trockenes Gesicht. Lange Rückenlinie. Oh Gott, der Weg bis zum heutigen Tag ist sooooo weit. Nächtelang Hengstvideos begucken. Die vielen Diskussionen, DER oder DER? Was muss der Hengst an der Stute verbessern, was wollen wir? Einen Junghengst oder bewährtes altes Blut? Die Wunschliste ist unendlich. Alle wollen DEN Knaller züchten – ist ja klar! Nur das Beste ist gut genug. Kommt nach elf Monaten dann ein gesundes Fohlen zur Welt, ist die Freude riesig. Boah, der ist hübsch! Wie geht’s der Stute? Atmet er? Trinkt er? Sind die Beine schön gerade? Alles keine Selbstverständlichkeit. Dann der grosse Tag. Hüfchen werden gefettet, die feine Mähne eingeflochten – drei Zöpfchen und los an die Schau! Die Züchter haben für die Vorauswahl viel Hoffnung. Hoffnung auf einen guten Verkauf auf der Auktion.

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Des Züchters stolz – die Besitzerin eines Sezuan Fohlens!

„Ja mir müend verchaufe, chönd ja nöd alles bhalte!“, so eine Züchterin, deren Fohlen zwischen den Runden vor der Jury noch an den Zizen der Mutter trink. Hoffnung auf einen guten Platz, Hoffnung auf einen guten Preis. Was stellt man sich denn als Fohlenbesitzer preislich so vor? Ich frage nach. Eine Züchterin, die sich für ihre drei Stuten den Junghengst Sezuan ausgesucht hat, hat ein Spitzenfohlen dabei. Ich nähere mich der netten Frau. Dabei schiesst es mir durch den Kopf: Sezuan, gezogen von Blue Hors Zack, steht auf dem Gestüt Peterhof in Deutschland und sorgte unter Dorothee Schneider an der Weltmeisterschaft der jungen Dressurpferde in Verden für Furore. Sezuan – der Weltmeister! Für den Galopp erhielt er die Note 10, eine 9.6 für den Trab und den Schritt. Besser geht nicht! Mit dem Hengst kann nix schiefgehen – da muss eine Granate rauskommen. Der kleine Schweizer Sezuan – ein schickes Rapphengstfohlen – kennt seinen Papi nicht. Ist ihm wohl auch egal. Er steht neben seinem Mami und trinkt. Was soll dieses Fohlen denn bringen auf der Auktion, frage ich die Züchterin etwas ahnungslos. Sie schaut mich an, überlegt. Dann streicht sie dem kleinen Schwarzen übers Gesicht. „Also zäh tuusig müesst er scho bringe, suscht nimm en grad wieder mit hei!“ Ich überlege. Zehn Tausend Franken für ein Fohlen, alleine der Samen für den Weltmeister vom Gestüt Peterhof kostet 2.500 Euro. Rechnet man das viele Herzblut, die vielen schlaflosen Nächte vor der Geburt, die vielen bangen Momente (wird es was oder nicht), den Tierarzt, die Stute, die Papiere, das Brennen und das Risiko.

Da sind die zehn Tausend Franken geschenkt!! Pferdezucht ist Leidenschaft – anstrengend aber unglaublich schön. Die Züchter, die an der Vorauswahl in Frauenfeld dabei waren, haben alle ihr Bestes und Schönstes präsentiert und verdienen dafür meine Hochachtung und meinen Respekt. Ich wusste nicht, dass es in der Schweiz so viele tolle Fohlen gibt. Ich probiers dann nächstes Jahr doch noch mal mit der Zucht – mal schauen wie der Follikel im Frühjahr so vorwärts kommt:) Als Züchter braucht es auch Glück. Ah, noch was: Die ausgesuchten Fohlen werden an der der 22. Suisse Eliteauktion in Galgenen versteigert – sichern Sie sich einen Sitzplatz – es lohnt sich! 

Hier gehts zur Fohlenkollektion der ausgesuchten Fohlen!

Text und Fotos Gina Kern
Beitragsbild: Ein Fohlen von Bern (Katja Stuppia)