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„Was müssen wir tun um so erfolgreich zu sein wie Charlotte Dujardin“? Das Interview zur EM mit Dressurreiter Gareth Hughes.

21. August 2017, in Allgemein

Morgen Dienstag geht es mit der Dressur an der EM in Göteborg los. Für die Schweiz am Start sein werden Charlotte Lenherr, Antonella Joannou, Anna-Mengia Aerne und Marcela Krinke. Zuvor bereitete sich das Team in Eggenwil im Hofor auf dieses grosse Championat vor. Mit dem Briten Gareth Hughes hat die Schweiz einen technischen Berater, der die Kaderreiter aus dem Perspektiv- und Elitekader regelmässig trainiert. Hughes gehört zu den erfolgreichsten Dressurreitern in Grossbritannien. Er war im Team von Rio und London mit dabei und er reitet selber an der EM in Göteborg. Dass Grossbritannien auch nebst Valegro und Charlotte Dujardin einen so grossen Erfolg hat, ist ein Jahre bewährtes System. Nun ist die Idee, dass er die Schweiz auf dem Weg nach Tokio 20120 begleiten und aufbauen kann. pferdonline konnte sich im Rahmen des letzten Trainings der Elitereiter mit Hughes auf dem Hofor in Eggenwil unterhalten.

pferdonline: Gareth Hughes, das britische „Dressursystem“ ist fremd für viele Schweizer. Erzählen Sie uns das britische Geheimnis!
Gareth Hughes: Während vieler Jahre war Großbritannien keine speziell starke Dressur Nation – wir hatten zwar Erfolge mit ein paar Einzelreitern aber keinen durchschlagenden Erfolg im Team. In den letzten 10/15 Jahren haben wir uns in eine starke, sichere Dressurnation verwandelt. Das hat sich, wie ich glaube, aus einem Reitstil entwickelt, den wir uns selber angeeignet haben. Wir haben bewiesen, dass wir auf höchster Ebene Erfolg haben können mit echter Harmonie zwischen Pferd und Reiter.

Sprechen wir über den britischen Reitstil. „Keep it simple“ – was heisst das genau?
Um ein System zu entwickeln, muss man eine Vorstellung davon haben, wo man anfangen will und wie das Resultat ausschauen soll. Jeder Reiter muss in der Lage sein, seine eigenen Hilfen gezielt einzusetzen und zu wissen, was er tut. Jedes Pferd ist anders, aber das Endergebnis, das wir erreichen wollen, ist immer das gleiche. Es geht darum, mit deinem Reiten das Pferd zu beeinflussen und nicht das Pferd beeinflussen, wie du reitest. Wir müssen immer innerhalb der Fähigkeiten der Pferde ausbilden, ob das nun körperlich oder geistig ist. Was sehr wichtig ist, Disziplin über unsere Hilfen zu haben und denen auch treu zu bleiben. Nur so versteht das Pferd, was man von ihm will. Ein Leben reicht nicht aus, um alles zu lernen, daher ist es wichtig, auf die grossen Reiter und Trainer der Vergangenheit und Gegenwart zu hören und darauf aufzubauen. 

Wie sehen Sie unser Schweizer Dressurreitstil. Haben wir überhaupt einen?
Die Schweiz hat einige sehr gute Reiter und Pferde. Die Schweiz steht dort, wo wir vor 10/15 Jahren auch waren: gute Einzelreiter, aber keine echte Team-Einheit. Die Schweiz braucht als Team Erfolg, damit der Nachwuchs hungrig wird. Jeder Reiter muss ein Teil eines Teams sein wollen um dem Sport zu helfen und vorwärts zu treiben. Die Schweizer müssen umdenken. Sie müssen überlegen, was brauche ich um Erfolg zu haben. Sich mal Gedanken machen, wie wollen die Richter mein Pferd auf höchstem Niveau sehen. Dazu braucht man internationale Sichtweisen und offene Augen um zu lernen, was nötig ist. Die Schweiz hat eine lange Dressur-Geschichte und das Land hatte in der Vergangenheit viel Erfolg. Mit dem richtigen Rahmen und der richtigen Unterstützung kann die Schweiz wieder neue Ziele definieren. 

Welches ist der grösste Unterschied zwischen dem Dressur-Grossbritannien und der Dressur-Schweiz?
Von dem, was ich gesehen habe, ist der größte Unterschied, unser Hunger international reiten zu wollen. Ein Land kann eine starke nationale Basis haben, aber sie müssen gegen die weltbesten Reiter antreten, damit sie wissen, wo sie stehen und was sie tun müssen um wirklich voranzukommen. 

Die Schweiz wird mit vier Reiterinnen ein Team an der EM in Göteborg stellen. Wie schätzen sie die Chancen der Schweiz ein?
In diesem Jahr geht es darum, dass das Schweizer Team auf dieser Ebene Erfahrung sammeln kann. Ein Championat hat seine eigenen Gesetze. Für Tiggy Lenherr und Antonella Joannou wird Göteborg die erste EM sein. Diese EM wird ein wichtiger Wegweiser für die nächsten Olympischen Spiele sein.

Wo sehen Sie die Schweiz im Teamranking?
Wenn die vier ihre beste Leistung abrufen können, wird es ein paar Nationen geben, die für das Ranking außerhalb der Medaillen kämpfen. Ich hoffe, dass die Schweiz dort mitmachen kann. 

Wie sehen Ihre persönlichen Vorbereitungen für die EM aus? Mit welchem Pferd treten Sie an?
Ich reite Don Carissimo. Das ist sein erstes Jahr im Grand Prix, deshalb ist er sehr unerfahren. Er hat ein tolles Jahr hinter sich, in dem er sich immer wieder verbessert hat. Wir haben in diesem Jahr mehrere internationale Turniere für ihn ausgewählt um uns für die EM zu qualifizieren. Wir haben ein starkes und sehr erfahrenes Team mit Carl Hester, Spencer Wilton und Emile Faurie.

Was raten Sie dem Schweizer Dressurnachwuchs um so erfolgreich zu werden wie Charlotte Dujardin?
Train, Train, Train. Have ambition, drive and a strong work ethic!!

Interview: Gina Kern
Beitragsbild: Tiggy Lenherr mit Darko of de Niro und Gareth Hughes