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Turnierfieber. Die Kolumne. Von Pia Piaffe

28. April 2015, in Blog

„Der Frühling ist da. Ich spüre es ganz deutlich. Und nein, es sind nicht losgewordenen Winterhaare von meinem Pferd, die ich abends sogar noch finde, wenn ich meine Socken ausziehe. Es ist das eigenartige Kribbeln in den Fingern. Ich habe mich beobachtet: Es kribbelt schon den ganzen Winter. Aber jetzt, wo’s wärmer wird, die Sonne scheint und sich der Reitplatz vom Thalasso-Bad wieder in ein Dressurviereck verwandelt hat, kribbelt es richtig akut. Das Turnierfieber ist ausgebrochen! Jetzt aber nichts wie los!
Aber halt – warum überhaupt? Ich höre mich bereits wieder fluchen, wenn die Startliste uns sagt, dass die Prüfung um 7.00 Morgens beginnt und wir Startnummer 1 sind. Ich fürchte mich schon wieder vor meinen widerspenstigen Haaren, die sich nur mit viel Nerven, Klammern und Haarspray bändigen lassen und schlussendlich dann doch nicht richtig unter den Helm passen. Ich spüre schon wieder die aufsteigende Übelkeit, welche meine völlig ungerechtfertigte Nervosität begleitet. Wo wir gerade beim Thema Übelkeit sind: Meine bessere Hälfte sitzt in solchen Situationen unbeeindruckt um 6.30 mit einem Kaffee mit Gott weiss was drin in der Abreithalle. Auf die Frage “Wottsch e Schluck?” antworte ich jeweils dankend und energisch mit “Nä-ä”, obwohl gewisse Zusätze bekanntlich gegen Nervosität helfen sollen. Aber nicht um 6.30. Zurück zur Gefühlslage im Vorfeld: Bereits jetzt spüre auch die Verzweiflung, die aufkommen wird, wenn die weisse Reithose nur mit Gewalt zugeht und der Reissverschluss der Turnierstiefel zu explodieren droht. Oh, hallo Winterspeck, ich hab gar nicht bemerkt dass du noch da bist… Und dann noch das Jacket, das furchtbar über die Schultern spannt, weil man es unbedingt einen Nummer kleiner kaufen musste, damit es auch ja gut sitzt. Also erst nach dem Aufsteigen anziehen und ja nicht mehr bewegen. Und ich sehe mein Pferd, das schockiert vor dem Richterhäuschen steht und nicht begreifen kann, dass der nette Mensch da drin ihm ganz bestimmt nichts Böses will (so hoffe ich doch).
Aber schlussendlich macht es halt doch Spass, sich zu zeigen, zu vergleichen und idealerweise konstruktive Kritik mit nach Hause zu nehmen. Wenn das Gefühl stimmt, dann ist es auch egal, ob und wo man platziert ist. Und wenn ich dann im Nachhinein die Bilder von meinem wunderbaren Pferd im Turnieroutfit anschaue, dann bin ich furchtbar stolz. Auch wenn das Jacket spannt und sich mein Gesicht in unterschiedlichen Farbspektren zeigt; rot vor Anstrengung, grün vor Übelkeit oder weiss mangels unzureichender Blutzufuhr in meine Beine. Ihr wisst schon: Der Reissverschluss an den Stiefeln.“

Mit Gruss, Eure Pia Piaffe