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Mein Tag. Werner Muff.

15. Mai 2016, in Blog, Mein Tag, Springen

Mein Tag geht um sechs Uhr los, dann klingelt mein Wecker. Als erstes putze ich die Zähne, dann mache ich 30 bis 50 Minuten Kraft- und Dehnübungen. Ich hatte lange Zeit Rückenbeschwerden und habe deshalb zusammen mit einem befreundeten Physiotherapeuten und einem Narbentherapeuten ein Programm zusammengestellt, das mir wirklich hilft. Danach hole

ich die Post und kaufe frisches Brot. Anschliessend trinke einen Kaffee, lese Zeitung und verabschiede meinen Sohn Louis zur Schule. Ich frühstücke nichts, ich kann nach dem Aufstehen nicht gleich etwas essen. Um halbacht, acht gehe ich in den Stall, neben dem wir wohnen.

Morgens bis mittags reite und longiere ich. Manchmal reite ich als erstes meine Toppferde, wobei das ganz unterschiedlich ist. Das hängt davon ab, was ansteht, wie die Wetterbedingungen sind und ob die Pferde morgens auf die Weide gehen. Ich habe kein spezielles Ritual, sondern passe mich jeden Tag den aktuellen Gegebenheiten an. Im Moment stehen elf Pferde im Stall – plus minus reite ich sechs bis acht pro Tag. Jedes Pferd hat seinen eigenen Charakter. Wenn ich aufsteige, erkenne ich, wie es heute drauf ist. Ich überprüfe gleich, ob das Tages- und Wochenprogramm passt, das ich im Kopf hatte. Bei der Planung vertraue ich auf mein Bauchgefühl – je nachdem baue ich leichtere, schwerere, längere oder kürzere Arbeit ein.

Am liebsten reite ich natürlich meinen Star im Stall, mit dem ich letztes Jahr Schweizer Meister wurde. Pollendr ist und bleibt einfach meine Nummer eins. Mit ihm verbringe ich am meisten Zeit. Aber er ist auch viel unterwegs und wenn er aus einem Turnier aus dem Ausland zurückkommt, braucht er ein, zwei Tage Erholung. In den grossen Sport gekommen bin ich ja mit der Ausbildung junger Pferde. Aber seit ich immer mehr Tage auf Turnieren unterwegs als zu Hause bin, leidet genau das: Zeit zu haben, mit jungen Pferden zu arbeiten.

Wenn ich zu Hause bin, mache ich von 12.15 bis 13 Uhr auf jeden Fall Mittagspause. Dann kommt unser Sohn zurück von der Schule. Meine Frau kocht, und zwar sehr gut, sie ist eine Spitzenköchin. Ich wundere mich manchmal, wie ihr immer wieder Neues einfällt. Jetzt kommt aber die Grillsaison, das übernehme ich und versuche, mit meiner Frau mitzuhalten.

Früher habe ich jeden Tag von vier bis abends um zehn Uhr unterrichtet. Das hat mir unheimlich viel Spass gemacht, wenn meine Schüler motiviert waren. Aber mit Frau und Kind habe ich das reduziert und trainiere nur noch Kundschaft, die Pferde von mir gekauft haben und ab und zu ein Training brauchen. Meine Familie muss schon genug Verständnis aufbringen, weil ich oft auch kurzfristig auf Turniere muss. Das hängt ja von den Wetterverhältnissen ab und davon, wie die Pferde drauf sind. Ausserdem gehe ich noch junge Pferde im In- und Ausland anschauen. Im Schnitt bin ich somit pro Woche dreieinhalb Tage zu Hause und dreieinhalb Tage weg. Meine Familie macht super mit, aber es braucht schon sehr viel Flexibilität und ist nicht immer einfach. Ich bin schliesslich Reiter, Trainer, Einkäufer, Verkäufer und Scout in einem. Gelernt habe ich ja auf einer Bank, aber die ganze Zeit an Computern zu arbeiten, wäre nicht meins. Ich habe bis heute noch keine E-Mail verschickt in meinem Leben.

Um fünf Uhr gehe ich heim. Um sechs Uhr gibt es Abendessen, manchmal etwas Gekochtes, manchmal etwas Kaltes. Ansonsten stehen abends für Louis Hausaufgaben an und wir gehen mit unserer Jack-Russel-Hündin Sally spazieren. Jetzt im Sommer sind wir auch viel draussen im Garten. Und manchmal haben wir Herrenabend und gehen zusammen was essen, wenn meine Frau ein Date mit einer Freundin hat. Wenn Louis dann im Bett ist, reden meine Frau und ich noch oder schauen TV. Spätestens um zehn Uhr gehen wir schlafen.

Aufgezeichnet von Ann-Kathrin Schäfer