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Mein Tag. Steve Guerdat.

2. Juni 2016, in Mein Tag, Springen

„Mein Alltag ist einfach zu erzählen: Ich reite den ganzen Tag. Um halbsieben stehe ich normalerweise auf, obwohl ich eigentlich kein Frühaufsteher bin. Zuerst trinke ich einen Kaffee. Zwischen sieben und halbacht bin ich im Stall und schaue nach, ob es den Pferden gut geht. Dann mache ich den Tagesplan, also wer wen reiten und wer was erledigen soll. Das entscheide ich danach, welches Pferd gerade was braucht – der eine sollte springen, einen anderen muss man ausreiten und wieder ein anderer braucht Arbeit. Wenn der Plan steht, fange ich an.

Ich reite zwischen sieben und neun Pferde am Tag. Kein Pferd ist wie das andere, ich arbeite schliesslich mit Lebewesen zusammen. Warum ich reite? Ich fühle mich damit einfach wohl. Als ich noch im Handelsstall geritten bin, konnte ich keine langfristige Beziehung zu den Pferden aufbauen. Ich bin bis zu 15 verschiedene am Tag geritten. Es ging nicht in erster Linie darum, dass Reiter und Pferd harmonieren, sondern dass das Pferd schnellstmöglich verkauft wird. Das ist der grosse Unterschied. Wenn ich heute ein Pferd in Beritt nehme oder kaufe, habe ich das Pferd so gern, dass es jeden Tag ein Genuss ist, zusammenzuarbeiten.

Zwischen ein und zwei Uhr macht das ganze Rütihof-Team eine kleine Pause, um etwas zu essen. Wir sind sechs Leute im Stall. Manchmal essen wir Brötchen, manchmal Pasta, manchmal Salat, manchmal auch etwas Richtiges aus dem Restaurant. Am Nachmittag reiten wir wieder. Fertig sind wir meistens zwischen fünf und sechs Uhr. Dann geht es für mich weiter. Ich mache jeden Tag eine Stunde Fitness. Und ich muss ziemlich viel Büroarbeit erledigen, vor allem Reisen planen und Rechnungen zahlen. Danach esse ich noch etwas. Ich habe eigentlich alles gern, aber ich versuche, mich gesund zu ernähren. Ich zerbreche mit nicht den Kopf darüber, ich kaufe einfach gesunde Sachen ein. Meistens ist mein Kühlschrank aber nicht voll, also nehme ich das, was übrig ist. Zwischen neun und zehn Uhr gehe ich schlafen.

Momentan bin ich nur am Dienstag und ab und zu am Mittwoch zu Hause. Den Rest der Woche bin ich auf Turnieren unterwegs. Diese Tage sind sehr unterschiedlich, je nachdem mit wie vielen Pferden ich starte. Manchmal habe ich ein Springen um acht Uhr am Morgen, manchmal aber auch ein Springen um elf Uhr am Abend. Ich lasse mich jeden Tag neu ein auf das, was ansteht. Dass ich viel allein unterwegs bin, macht mir nichts aus, ich nehme schliesslich immer meine Pferde mit. Etwas anderes als reiten kam für mich nie in Frage. Im Jahr reite ich vielleicht eine Woche nicht. Dann fahre ich ein paar Tage Ski und besuche meine Mutter. Aber nach zwei, drei Tagen nichts tun wird mir langweilig und dann fange ich wieder an zu reiten. Ich habe zwischendurch natürlich auch Turniere, die sehr erholsam sind. Zum Beispiel wenn ich nur mit zwei Pferden unterwegs bin und wenn das Turnier an einem schönen Ort stattfindet, geniesse ich das sehr. Ich freue mich darauf, auch in Zukunft weiter zusammen mit meinen Pferden meine Leidenschaft zu leben. Etwas anderes brauche ich nicht“.

Text: Ann-Kathrin Schäfer
Foto: Facebook-Seite Steve Guerdat