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Mein Tag. Marco Hermann.

27. März 2014, in Mein Tag

Ich stehe kurz nach 5 Uhr morgens auf, trinke kurz einen Kafi und esse ein kleines Frühstück. Gegen 6 Uhr bin ich in der Regel in der Klinik. Ich kümmere mich um die stationären Patienten, spreche mit dem Nachtpersonal und schaue, wie es den Pferden geht. Die weitere Behandlung wird besprochen und die nötigen Medikamente verabreicht.

Danach setze ich mich an den Computer, erledige Emails und Telefongespräche. Zwischen 6 und 8 Uhr morgens ist eine sehr produktive Zeit. Heute Morgen um halb acht wurde das erste Pferd in die Klinik gebracht – ein Nierenpatient. Um 9 Uhr folgte eine Szintigrafie, später eine Ankaufsuntersuchung. Bis zum Mittag habe ich rund zwanzig Telefongespräche geführt, Termine abgemacht und diverse Röntgenaufnahmen beurteilt.

Um 12.30 Uhr fahre ich kurz nach Hause. Nach einem kleinen Mittagessen – ich wohne zum Glück nur 500 Meter von der Klinik entfernt – packe ich meine Ausrüstung und fahre los. Mit im Gepäck habe ich unter anderem eine spezielle Augenlampe und ein Rinnmesser (um Hufe auszuschneiden) – für Linkshänder eigens angefertigt. Ein mobiles Röntgen habe ich in der Regel nicht dabei. Ich röntge auswärts noch „mit den Augen….“. Vor 36 Jahren, als ich angefangen habe, hatten wir noch analoge Röntgenbilder mit Film und Folien entwickelt… Aber das ist schon sehr lange her.

Schade finde ich, dass ich kaum noch Zeit für den Pferdesport habe. Ein gemütlicher Ausritt würde meiner Seele und meinem Herz gut tun. Ich sollte auch dringend mal wieder länger in die Ferien. In den letzten 30 Jahren war ich einmal drei Wochen weg – an den Olympischen Spielen in Sidney, sonst maximal 2 Wochen am Stück. Das ist definitiv zu wenig. Deswegen hatte ich auch schon einen Herzinfarkt. Der Herzinfarkt war ein Schock und hat mich wachgerüttelt. Nun werde ich 60 und plane, besser auf meine Gesundheit zu achten. Die Präsenzzeiten in unserem Beruf sind enorm: Einen Notfall, z.B. eine Kolik, kann man einfach nicht planen. Aber wenn man sich müde fühlt, wenn das Telefon klingelt, so wird es Zeit, etwas zu ändern. Ich mache noch dieses Jahr so weiter, danach werde ich kürzertreten.

Nun bin ich aber noch mit Herz und Seele dabei. Nach einer langen Tour am Nachmittag kehre ich um sieben noch einmal in die Klinik zurück. Wenn alles ruhig ist, schreibe ich Berichte der Untersuchungen. Heute war ich in Affoltern, Luzern und im Seetal. Um acht bin ich zu Hause, schaue die Nachrichten und wenn ich‘s schaffe, so lese ich noch ein paar Seiten in einem Roman von Martin Suter – ich mag seine Art zu schreiben. Gegen halb elf ist dann auch bei mir Lichterlöschen.

Marco Hermann ist seit 1991 Mitinhaber der Pferdeklinik Neugraben in Niederlenz. Er ist Disziplinentierarzt der Schweizer Dressurreiter, Co-Equipentierarzt der Springreiter und Turniertierarzt beim CSI Zürich seit 1988 und des CSIO St. Gallen seit 1986. Marco Hermann ist Spezialtierarzt für Pferde (FVH) und spezialisiert auf Innere Medizin (dipl. ECEIM), sowie Orthopädie und Koliken.