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Wie lautet das Ziel in Rio für Marcela Krinke und Molberg? Dressurausbildner Ton de Ridder im Interview.

25. Juli 2016, in Rio 2016

Am 5. August 2016 geht es in Rio los. Dann werden in Rio die Olympischen Spiele eröffnet. Zum ersten Mal mit dabei sein wird die Schweizerin Marcela Krinke Susmelj. Mit dieser Teilnahme erfüllt sich die Dressurreiterin einen langersehnten Wunsch – in London 2012 schlitterte sie haarscharf an einer Qualifikation vorbei. Seit Jahren arbeitet die Tierärztin aus Ebikon (LU) mit Fokus Rio – unter Anleitung ihres Trainers Ton de Ridder. Er ist einer der renommiertesten und bekanntesten Dressurausbildner weltweit. Pferdonline durfte sich mit ihm unterhalten.

pferdonline: Ton de Ridder – Marcela Krinke Susmelj profitiert seit Jahren von Ihrem grossen Wissen als internationaler Dressurtrainer. In Aachen ritt Marcela – mit dem 6. Rang in der Kür – einmal mehr mitten in die Weltspitze.
Ton de Ridder: Es war auf jedenfall ein sehr sehr guter Ritt. Die Prüfung hatte viele Höhepunkte und das war sehr erfreulich. Marcela ist sehr passend zur Musik geritten, Molberg hat sehr gut piaffiert und passagiert. Zudem waren die Kommentare der Richter sehr erfreulich. Das ist vor Rio natürlich doppelt wichtig.

Wie erleben Sie Marcela als Schülerin?
Marcela ist immer sehr konzentriert bei der Sache. Sie ist sehr offen neue Methoden auszuprobieren. Sie macht mit ihrer Sponsorin Frau Meyer und mir zusammen eine sehr professionelle Turnierplanung. Wir diskutieren viel, warum wir wohin fahren und wann Turnierpause ist. So mussten wir auch für Aachen planen, weil Aachen eine stadionähnliche Athmosphäre hat. So könnte es Molberg dann in Rio etwas leichter fallen. Dafür mussten wir leider auf das schöne Turnier im österreichischen Fritzens verzichten, aber so hat alles seinen Grund warum wir wann wohin fahren.

Sie sprechen es an. Molberg brauchte Aachen für Rio. Wie ist dieses Pferd im Charakter?
Molberg hat einen sehr starken Charakter. Er kann auch etwas heiss werden, das hat sich aber im Laufe der Jahre gebessert. Zum Beispiel lässt er sich bei der Gebisskontrolle nach der Prüfung überhaupt nicht gerne an den Mund fassen. Es gibt auch andere Pferde aus dieser Linie heraus, die manchmal etwas eigenwillig sind. Das ist auch die Zucht die das mit sich bringt.

 Wie richten Sie das Training auf Molberg aus?
Ich kann ja im Training nicht immer dabei sein. Marcela reitet viel alleine zu Hause im Beisein von Frau Meyer. Wenn wir zusammen trainieren – das war jetzt in Aachen sieben Tage der Fall – lege ich sehr grossen Wert auf die Gymnastizierung der Pferde. Klar wird vieles sehr präzise geübt. Doch dann braucht es auch wieder Zeit um die Pferde geschmeidig zu halten. So ist es bei mir durchaus möglich, dass ein Pferd auch mal in einer Traversale etwas tiefer eingestellt wird damit er besser über den Rücken geht.

Wie ist der weitere Trainingsplan mit Marcela bis Rio?
Wir sehen uns erst in Rio wieder. Das Pferd wird nun locker geritten. Molberg sieht super aus, ist noch besser drauf als vor einem Jahr, hat sich sehr gut bemuskelt – ich bin sehr zufrieden.

Was ist das angestrebte Ziel für Marcela und Molberg in Rio? Ein Kürplatz, das wäre super. Es hat in Rio viele junge Pferde und auch neue Paare. Ich denke nebst Valegro und Charlotte auch an Dorothee Schneider und Showtime, an Isabell Werth und ihre Stute Weihegold. Oder auch an Sönke Rothenberger mit Cosmo. Es kommen aber auch starke Engländer nach Rio: Nicht nur Hester und Dujardin, auch Fiona Bigwood ist wieder mit dabei. Die ersten 15 bis 18 Plätze sind schnell vergeben. Da muss man schon sehr präzise und sehr gut reiten um sich einen Platz unter den ersten 15 zu erkämpfen.

Ist es für Marcela ein Nachteil, dass sie als „Einzelstarterin“ nach Rio fahren muss. Fehlt die Schweizer Mannschaft hinter Krinke?
Es ist sicherlich kein Vorteil. Hätte die Schweiz eine Mannschaft könnte Marcela natürlich profitieren. Aber nicht nur sie. Es würde der ganzen Dressur-Schweiz einen positiven Stoss versetzen. Die Schweiz hat tolle Paare – ich denke zum Beispiel an For Compliment und Birgit Wientzek Pläge. Oder an Tiggy Lenherr die nun national doch schon einiges gewinnen konnte.

Zurück zu Rio. Wie viele Schüler haben Sie in Rio am Start?
Ich habe vier Schüler in Rio am Start. Nebst Marcela die Spanierin Beatrize Ferrer-Salat, den Spanier Claudio Castello und die Neuseeländerin Julie Brougham.

Ist man als Trainier auch etwas nervös vor diesem Grossevent?
Für mich persönlich hat sich die Nervosität nach Aachen etwas gelegt. Marcela ist in Aachen so sicher und zuverlässig durchgeritten, da bin ich für Rio guter Dinge!

Interview: Gina Kern
Beitragsbild: Ton de Ridder
Foto: Tomas Holcbecher

 

Zur Person:

Antonie „Ton“ de Ridder (* Juli 1956 in den Niederlanden) ist einer der international renommiertesten und erfolgreichsten Dressurausbilder.[1]

Mit 19 zog de Ridder nach Deutschland und arbeitete als Bereiter bei Paul Stecken in Münster. Später arbeitete er einige Jahre als Trainer bei Udo Lange. Inzwischen lebt er in Aachen. Er ist mit der Dressurreiterin Alexandra Simons-de Ridder verheiratet, mit der er zwei Töchter hat. Sowohl Jill de Ridder (* 1992) als auch Julia de Ridder (* 1996) nahmen als Dressurreiterinnen an den Europameisterschaften der Junioren bzw. Jungen Reiter teil. Er betreibt gemeinsam mit seiner Frau den Hof Roßheide bei Aachen.