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Talentschmiede "Children" – das Interview mit Teamchefin Cornelia Notz

8. Dezember 2014, in Aktuell, Reportagen

Wenn Martin Fuchs mit seinen 23 Jahren in Paris den grossen Pot in die Höhe stemmt und auf einen Schlag satte 115 000 Euro Preisgeld kassiert, so so ist dies nicht nur Talent, sondern auch gutes Management und eine gezielte Förderung. Martin Fuchs war 2006 im ersten Schweizer „Children-Team“ dabei. Children heisst auf englisch Kinder. Es bezeichnet aber auch die Altersklasse im Springsport, die sich in Europa innerhalb von weniger als einem Jahrzehnt stark entwickelt hat. Die Children sind die Kinder zwischen 12 und 14 Jahren. Der Schweizer Teamcoach ist Cornelia Notz aus Kerzers. Sie betreut die „Children“ seit 2006 – aus den ersten „Kindern“ sind heute „grosse Reiter“ geworden – eben zum Beispiel Martin Fuchs aber auch Cornelias Tochter Larissa, die diese Woche am CHI Genf mitreiten darf. pferdonline hat sich mit Cornelia Notz über die „Children“, den Ponysport und den Schweizer Nachwuchs unterhalten.

Cornelia Notz mit ihrem Hund „Tila“, den sie von der Children Equipe an der EM 2013 in Vejer geschenkt bekommen hat.

 

pferdonline: Cornelia Notz – dieses Jahr fand zum ersten Mal an der SM Springen die Kategorie „Children“ statt. Ein Meilenstein. Sind Sie happy?
Cornelia Notz: Ja, ich bin sehr glücklich. Die erste SM Children war ein voller Erfolg. Es sind 20 Kinder mitgeritten. Ein paar kannte ich noch gar nicht, die haben erstmals auf diesem Niveau geritten – das war sehr interessant.

In anderen Ländern gibt es die Children schon lange. Warum kam die Schweiz erst dieses Jahr dazu eine SM für Children zu organisieren?
Es brauchte seine Zeit die Children in der Schweiz zu etablieren. Die SM Children kam genau im richtigen Moment, auch wenn ich im Vorfeld manchmal das Gefühlt hatte, dass es nur langsam voran geht. Der diesjährige Erfolg bestätigt, dass es so ideal war.

Der Nachwuchsbereich im Pferdesport wird in die Altersklassen Pony (bis 16 Jahre), Junioren (bis 18 Jahre) und Junge Reiter (bis 21 Jahre) unterteilt. Nun kamen also vor einigen Jahren auch die Children dazu – diese Reiter sind 12 bis 14 Jahre alt. Im Gegensatz zur Dressur „Children“ reiten im Springsport die Kinder nur auf Pferden, nie auf Ponys. Definiert wurde diese Altersklasse 1995 von der FEI um damit weltweit den Jugendreitsport zu fördern. 2006 fanden in der Türkei die ersten Children-Europameisterschaften statt. Für die Schweiz wurde damals die Familie Fuchs angefragt, ob sie nicht Interesse hätte mitzumachen. So entstand durch die Familie Fuchs  und Conny Notz als Teamchefin das erste Schweizer Children-Team. Diese Equipe mit Emilie Stampfli, Eva Gautschi, Martin Fuchs und Flavien Auberson belegte bei dieser Premiere damals den vierten Teamrang. Martin Fuchs schaffte es im Einzel gar zu Silber.

Conny Notz – sind die Children nicht eine Konkurrenz zum Ponysport?
Ich sehe den Children-Sport als eine Ergänzung zum Ponysport. Zudem werden die Kinder oft schnell zu gross für die Ponys. Ich finde es unpassend, wenn ein viel zu grosses Kind auf einem Pony reitet. Bei einem solchen Ungleichgewicht leidet dann der Sitz – die Kinder richten sich auf den Ponys zu früh auf, das braucht seine Zeit, dies wieder zu korrigieren. Es ist auch eine Frage des Managementes: Ein Pferd kann auch der Trainer noch mitreiten. Ein gutes Childrenpferd ist unter dem Strich günstiger als ein EM-Pony.

Was braucht ein Jugendlicher denn um Children zu reiten?
Die Anforderungen an die 12 bis 14jährigen Reiter sind in den vergangenen Jahren gestiegen. Es braucht eine top Einstellung des Kindes. Es muss selbstkritisch sein und reflektieren können. Es darf nicht die Schuld aufs Pferd abschieben, sondern soll in der Lage sein, sich selber zu hinterfragen. Dazu verlangen wir Respekt gegenüber den Eltern, Offiziellen, Trainern und Veranstaltern. Klar ist auch Talent ein sehr wichtiger Bestandteil. Die Kinder brauchen Wille und Biss. Und an erster Stelle muss natürlich die ganze Familie hinter einem solchen Projekt stehen.

EM Arezzo Springen Slider
Einmalige Gefühle: Hier das Team um Conny Notz an der EM in Arezzo.

Welche Höhen werden geritten?
Für das Kader bewerben können sich bereits Children mit mindestens drei 110cm-Klassierungen. Die Kinder, die dann ins Nationale Children Kader selektioniert werden, werden zu Kadertrainings aufgeboten. Diese finden bei uns auf der Anlage statt. Da wird, nebst Spring- und Dressurtraining, auch Sport und Mentaltraining angeboten, was für die Jugendlichen sehr wichtig ist. Bei entsprechenden Turnierleistungen in der Schweiz, werden die Reiter dann für Children-CSIO’s aufgeboten.
Die Jugendlichen sollten gegen Ende ihrer Children-Zeit in der Lage sein einen anspruchsvollen Parcours über 1.30/1.35 mit Übersicht zu reiten. Wenn man aber bis 1.40 reiten kann, hat man an der EM reelle Medaillenchancen.

Warum das Mentaltraining?
Weil sehr oft technisch und anspruchsvoll gebaut wird, es geht nicht nur darum, möglichst schnell zu reiten. Die Kinder müssen konzentriert sein und mit Köpfchen und Übersicht reiten, da ist mentale Stärke sehr wichtig.

Warum wird bei den Children auch schon technisch gebaut?
Es darf aus Sicherheitsgründen an der EM nicht höher als 1.35 gebaut werden – dies schreibt das FEI-Reglement vor. Damit es bei der grossen internationalen Konkurrenz nicht zu viele Parcours mit Nullern gibt, bauen die Parcoursbauer technisch sehr anspruchsvoll. Die Kinder lernen Wassergräben zu reiten – wir haben in der Schweiz viel zu wenig Wassergräben, das müssen wir gezielt trainieren. Dazu kommen gebogene Linien mit verschiedenen Distanzen. Den Galoppsprung des eigenen Pferdes kennen, einschätzen und einteilen ist sehr wichtig. Durch diesen Einstieg in den Springsport, mit technischen Parcours, erlernen die noch sehr jungen Reiter von Anfang an die richtigen Grundlagen. Das ist ein hervorragende Ausganslage für die weitere Karriere.

Wie gross ist der Children „Markt“ in der Schweiz? Haben wir viel Nachwuchs?
Nächstes Jahr haben wir weniger Junioren dafür mehr Junge Reiter. Die Children haben mit 15 oft ein „Zwischen-Jahr“ bis sie den Anschluss an die Junioren geschafft haben. Für nächstes Jahr haben wir sicher sechs Children, welche für eine EM in Frage kommen. Insgesamt haben wir in der Schweiz etwas über 20 Kinder im Alter zwischen 12 und 14 Jahren die lizenziert sind und regional in der Lage sind 1.05 zu springen auf Grosspferden. Wir müssen gezielt fördern und aufbauen.

Wie sollte denn das optimale Children Pferd sein?
Die Rittigkeit ist sehr wichtig. Die Kinder sollten auf guten Pferden reiten lernen können. So können sie von Beginn an lernen, gut zu reiten. Dann sollte es brav und gut im Handling sein. Eigentlich ein Pferd, dass jedem guten Turnierreiter selber Spass machen würde.

Drei Jahre nach der ersten Children-EM in der Türkei sorgte im belgischen Moorsele – 2009 – die damals 14jährige Larissa Notz für das erste und bisher einzige Children-Gold. Im Sattel von Sjarlotte gewann sie die Einzelwertung. Die dritte Children Medaille holte nebst Martin Fuchs und Larissa Notz die Isabelle Straehuber mit Guyana II im vergangenen Jahr. 

Zur Person: Cornelia Notz (45) wohnt in Kerzers und betreibt mit ihrem Mann Jürg einen Verkaufs- und Pensionsstall für Springpferde. Cornelia Notz selber bestreitet nationale Turniere bis zur Stufe Grand-Prix. Sie trainiert Kunden und Pensionäre und auch ihre Tochter Larissa.

Conny Notz mit Anastasia GP Slider
Conny Notz mit Anastasia im Grand Prix.

Beitragsbild: Conny Notz mit Tochter Larissa. Foto: Michele Buhofer.