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Matthias Alexander Rath – das Interview zu seinen Vaterfreuden, dem gigantischen Comeback mit Totilas, über Hochs und Tiefs und was es heisst Druck zu verspüren.

19. September 2014, in Aktuell, Dressur, Reitsport, Reportagen

Matthias Alexander Rath feierte dieses Jahr das grosse Comeback mit seinem Wunderhengst Totilas. Acht Starts, acht Siege, das Ticket für die Weltreiterspiele war gelöst. Doch dann, kurz vor Abreise, der Schock: Totilas lahmt. Wie Matthias Alexander Rath (30) diese Nachricht verarbeitete, wo er sich die Weltreiterspiele anschaute und wie er sich auf seine bevorstehende Vaterrolle vorbereitet – Rath im pferdonline-Interview.

 

pferdonline: Herr Rath, Sie müssen ein unglaubliches Stehaufmännchen sein. Nach diesen gigantischen Siegen in Aachen und der Nomination der Weltreiterspiele, die niederschmetternde Nachricht: Totilas lahm….
Matthias Alexander Rath: Es war ein Schock. Totilas war super drauf, dann am Morgen im Trainingslager in Perl-Borg lahmte er plötzlich beim Reiten. Er muss sich gegen ein bereits bestehendes Überbein gehauen haben, was natürlich sehr schmerzhaft ist. Wir mussten ihn medizinisch behandeln. Ein Start in der Normandie war sofort ausgeschlossen. Es war damals schon ein Schock und eine riesige Enttäuschung als ich kurz vor Olympia 2012 erkrankte. Dann kämpften wir uns aber zurück. Für‘s Comeback nach zwei Jahren Pause wählten wir ein kleineres internationales Turnier in Kapellen (Belgien). Mit jedem Turnier steigerten wir die Konkurrenz. Im Juli dann die beiden Siege in Aachen, das war schon genial. Dann die Verletzung. Ich war sehr enttäuscht. Eine Woche lang auch sehr niedergeschlagen, muss ich echt zugeben.

Wie geht es Totilas?
Totilas geht es sehr gut. Er lahmt auch nicht mehr. Wir haben eine kleine Pause eingelegt um das Pferd zu schonen. Ich plane beim Weltcup zu starten. Mein Ziel wäre das Finale in Las Vegas. Vorerst habe ich aber noch andere Pläne.

Sie werden im Oktober zum ersten Mal Vater! Alles klar mit der Geburtsvorbereitung?
Ja klar. Ich finde alles sehr spannend und lasse mich auch gerne darauf ein. Wie man ein Baby wickelt weiß ich allerdings noch von meiner kleinen Schwester…..

Denken Sie, ein Kind wird einiges in Ihrem Leben relativieren?
Mit Sicherheit, und das ist auch gut so! Das klingt vielleicht etwas klischeehaft. Aber der Sport verlangt sehr viel Zeit und Energie, ist auch wunderschön – aber es gibt im Leben auch viel wichtigere Dinge. Ich freue mich sehr auf das Kind.

Sie sind nun 30 Jahre alt. Sie haben viele Höhen und Tiefen mit Totilas erlebt. Denken Sie, sie sind auch reifer geworden?
Ja klar, auf jeden Fall. Man wächst an den schwierigen Situationen und geht noch stärker daraus hinaus.

Wie haben Sie dieses Comeback überhaupt gepackt? Das war ja mental ein riesiger Brocken…
Mit Sicherheit verdanke ich einen ganz großen Teil meinem Trainer Sjef Janssen. Und natürlich unserem Tierarzt, der das Pferd super betreut. Aber auch meine Frau, meine Familie und die Pflegerin von Totilas sind wichtige Person, genauso wie meine Freunde. Alle haben mitgeholfen zurückzukommen.

Der Druck schien ja gewaltig.
Totilas ist ein besonderes Pferd, dessen bin ich mir bewusst. Ich habe in den Jahren gelernt mit Druck umzugehen – es mag sich blöd anhören, aber ich merke den Druck kaum noch. Man lernt mit schwierigen Situationen umgehen, man wächst mit und an solchen Aufgaben. Und irgendwann merkt man, dass es eben nur ganz wenige Menschen gibt, auf die man sich zu tausend Prozent verlassen kann. Die auch in kritischen Situationen immer hinter mir stehen. Dieser Kreis ist sehr wichtig.

Dieser Kreis war mit Sicherheit auch sehr wichtig, als Sie in Aachen die Kür absagten. Hand aufs Herz: Würden Sie das im Nachhinein wieder machen?Ja. Das würde ich genau wieder so machen. Die Kritik kam nur vom Veranstalter. Dieser Entscheid war ganz klar in Sinne des Pferdes. Das Pferd hatte eine Pause von zwei Jahren, dann lief er acht Prüfungen, die er alle gewann. Sieben Prüfungen mit über 82 Prozent. Ich kann den Veranstalter auch nur ansatzweise verstehen. Dass die Zuschauer Totilas in der Kür sehen wollten, ist verständlich, nur die Tickets für die Kür waren schon ein halbes Jahr vorher ausverkauft. Da sprach noch keiner von Totilas. Der Entscheid war im Sinne des Pferdes.

Wo und wie haben Sie die Weltreiterspiele verfolgt?
Ich war in Frankreich! Allerdings in Südfrankreich… Ich habe mir den einen oder anderen Ritt angeschaut. Es war für mich spannend zu sehen wie zum Beispiel Damon Hill und Valegro gehen.

Und, was ist Ihr Fazit?
Es war keine große Überraschung, dass Deutschland im Team Gold holte. Valegro hat drei sehr gute Prüfungen gezeigt und wurde mit Sicherheit verdient Weltmeister.

Matthias Alexander Rath ist 30 Jahre alt. Er lebt zusammen mit seiner Frau Franziska in Oberursel in Deutschland.

Interview: Gina Kern, Foto: Daniel Kaiser, Aachen 2014