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Kür Aachen: Krinke mit Spitzenleistung, drei Deutsche über 80 Prozent

17. Juli 2016, in Dressur, International

Doris Day nahm den Zuschauer mit in eine eigene Welt heute in der Aachener Soers: Da tanzte Molle mit seiner Reiterin Marcela Krinke Susmelj zu „Whatever will be will be“ – als wäre es das einfachste der Welt. Piaffen, Passagen, aus der Piaffe in den versammelten Schritt, tolle Passage-Traversalen – gezeichnet mit viel Sicherheit und Kraft aus dem Hinterbein. Oder eben Que Sera, Sera? Heute konnte Molberg nichts passieren, so machte es den Anschein. Die einzige Schweizer Olympia-Teilnehmerin schien sich heute fast selber übertroffen zu haben. Man versuchte teilweise fast selber zu verschmelzen mit der Musik, der Reiterin und dem Pferd….

77.05 Prozent gab es für die Schweizer Teamleaderin in der Kür der 18 Besten Reiterinnen und Reiter aus dem Grand Prix Spezial. Es reichte für den tollen 6. Rang. Marcela Krinke Susmelj zeigte sich dann auch hochzufrieden mit ihrem manchmal doch sehr „heissen“ Molle – ganz zum Schluss war er dermassen im Piaffier-Modus, dass er gar nicht mehr stillstehen wollte: „Molberg wird immer heisser je länger das Turnier dauert, er bewegt sich unglaublich gerne – so wollte er zum Schluss gar nicht mehr stillstehen!“ Und doch war Krinke mit ihrer Leistung hochzufrieden: „Ich bin super happy, dass alles so gut geklappt hat und dass ich auch gut Punkte bekommen habe.“

Die Kür von Doris Day wählte Marcela Krinke Susmelj bewusst: „Wir brauchten eine neue, fröhliche Musik, die die technische Leistung des Pferdes gut unterstreichen kann.“

Die deutsche Dressur hat in Aachen bisher nie Dagewesenes erlebt: drei Paare über 80 Prozent im Grand Prix, dreimal 80 Prozent plus im Grand Prix Spezial. Das ist absoluter Rekord. Und dann setzten diese drei im ausverkauften vor 6300 Zuschauern noch einen bzw. drei drauf und belegten auch in der Kür die ersten drei Plätze.

Kristina Bröring-Sprehe gewann den berühmtesten Dressurpreis, der in diesem Sport vergeben wird auf dem berühmtesten Viereck der Welt, mit 88,825 Prozent, einem persönlichen Rekord. Zweite wurde Isabell Werth im Sattel von Weihegold OLD mit 86,950 Prozent, dicht gefolgt von Dorothee Schneider und Showtime FRH mit 86,925 Prozent.

Kristina Bröring-Sprehe berichtete der Bundestrainerin (die nicht hatte zuschauen können, weil sie ihren zwei anderen Schützlingen beim Abreiten helfen musste ¬– „Aber ich habe die Musik gehört und wusste in jeder Sekunde, wo sie gerade ist!“) nach ihrem Ritt noch etwas zaghaft von dem einzigen Fehler, den sie in der ersten doppelten Pirouette hatte. Aber als dann die Noten kamen, war dieser Moment vergessen. „Ich bin überglücklich“, seufzte die Weltranglisten-Erste, die hier in Aachen im vergangenen Jahr beinahe Multichampionesse Charlotte Dujardin (GBR) und Valegro bei der EM entthronte hätte. Damals fehlten nur wenige Punkte.

Isabell Werths Welt war heute wieder in Ordnung. Gestern Abend schied sie in der Inter1 mit Belantis aus, nachdem sie sich zweimal verritten hatte – völlig untypisch für die mehrfache Olympiasiegerin, Welt- und Europameisterin! Heute wusste sie wieder, wo es langgeht – und das, obwohl sie die etwas abgeänderte Kür zu neuer Musik, einem 1970er-Jahre-Schlager-Italo Pop-Medley, heute zum ersten Mal in Gänze mit Weihegold durchgeritten ist. Die Highlights der Kür haben einen besonderen Soundtrack: „Tanze Samba mit mir“ – sehr passend!

Dorothee Schneider und Showtime FRH waren das nächste Paar, das heute für Gänsehautmomente sorgte. Showtime geht zu Musik, wie sie passender nicht sein könnte für den statiösen Dunkelbraunen: den E-Gitarrenklängen des Queen-Klassikers „The Show must go on“. Man mag Schneider kaum glauben, dass dieser Showmaker mal ein eher schüchternes und introvertiertes Pferd war. Sie hat aus dem erst zehnjährigen Wallach ein Weltklassepferd gemacht, das noch lange nicht den Zenit seiner Leistungsfähigkeit erreicht hat – mal schauen, ob Showtime seine Kollegen in Rio dann vielleicht hinter sich lassen kann.

Hier geht es zur Rangliste.

Beitragsbild: Tomas Holcbecher

Bröring-Sprehe mit Desperados im Spezial.