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Heisse Tage – (k)ein Problem fürs Pferd?

30. Juni 2015, in Reportagen

Bei uns Menschen ist es ja immer das Gleiche: Wenn es regnet wird gejammert, wenn´s schneit erst recht und jeder sehnt den Sommer herbei. Ist er dann endlich da, hält die jammerfreie Zeit aber auch nur bis die Temperaturen über 30°C steigen, dann spricht man schon wieder von „Gluthitze“ – und, ja richtig, beschwert sich wieder. Wir Menschen können uns jedoch in kühle, teils sogar klimatisierte Wohnungen, Büros etc. zurückziehen, wenn es uns zu heiß wird. Unsere Pferde haben da weniger Wahlmöglichkeiten. Aber wie sehr beeinträchtigt sie die Hitze also wirklich? Und wie kann man Pferden im Sommer etwas Gutes tun?

Zunächst einmal die gute Nachricht: Wenn ein Pferd gesund und munter ist und zudem noch im besten Alter, wird ihm die Hitze kaum etwas ausmachen. Probleme haben – wie beim Menschen – vor allem alte Tiere und Pferde mit Grunderkrankungen.

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Was gibt es Schöneres als baden mit dem Pferd? Foto: J. Fröse

 

Dennoch überhitzen Pferde laut einer aktuellen kanadischen Studie bis zu 10 Mal schneller als Menschen. Vor allem feucht-heißes Wetter jenseits der 30°C kann gefährlich werden.

Pferde haben generell ein anderes Temperaturempfinden als wir Menschen. Während unsere eigene „Wohlfühltemperatur“ etwa bei 15°C bis 20°C liegt, sind es beim Pferd nur etwa 5 bis 10°C. Dies liegt in der Evolution eines Tieres begründet, das Jahrtausende in den gemäßigt-kühlen Steppen der Erde, wie in der Mongolei oder Russland, lebte. Der Mensch sorgte dafür, dass Pferde geritten wurden und durch die Eroberungszüge auch in südlichere Gefilde vordrangen.

Die neue Studie von Professor Michael Lindinger, Veterinär und Sportmediziner an der Universität von Guelph in Kanada, besagt, dass bei Pferden 17 Minuten gemäßigtes Training bei heißen Außentemperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit bereits zu einer kritischen Erhöhung der Körpertemperatur führen kann.

Zu wenig Kühlung durch Schweiß

Der Schweiß reicht bei solchen Wetterverhältnissen nicht mehr aus, um das Pferd ausreichend herunter zu kühlen. Die Schweißproduktion kann zwar auf bis zu 30 Liter pro Stunde ansteigen, ist aber dennoch lange nicht so effektiv wie beim Menschen.

Die Temperatur des Pferdekörpers kann sich bei sommerlichem Training zur falschen Tageszeit zudem stark erhöhen. Während die Körpertemperatur von 37 bis 38°C der normale Bereich ist, sind Anstiege bis zu 41°C möglich, vor allem da die zahlreichen arbeitenden Muskeln für zusätzlich Wärme sorgen.

Richtige (Zu)Fütterung

Bei derartigen Temperaturen ist ein wichtiger Punkt die Fütterung bzw. vor allem die Aufnahme von ausreichend Wasser.

Wasser
Wasser ist im Sommer (wie für Menschen auch) fürs Pferd essentiell. Ob ein Pferd ausreichend getrunken hat, erfährt man, indem man eine Hautfalte am Hals für einige Sekunden festhält und danach überprüft, ob diese sich gleich wieder glättet. Tut sie es nicht, liegt ein Wassermangel im Pferdekörper vor. 30 Liter benötigt ein durchschnittlich großes Warmblut pro Tag, bei Hitze kann es jedoch sogar die doppelte Menge sein, je nach Beanspruchung.

Ältere Pferde haben häufig ein Problem damit, viel zu trinken. Selbst bei größter Hitze stürzen sie sich nicht aufs Wasser. Kleiner Trick: Durch ein wenig Apfelsaft lassen sich viele von ihnen doch überreden.

Zu wenig Wasser im Pferdekörper kann, kombiniert mit Anstrengung und intensiver Sonneneinstrahlung, einen Hitzschlag beim Pferd verursachen. Erste Anzeichen sind Schweißausbrüche, Schwanken und eine Verfärbung der Schleimhäute. Bei einem Hitzschlag schwitzt das Pferd stark und hat eine deutlich erhöhte Temperatur um 42°C. Puls und Atmung sind ebenfalls erhöht. Bei derartigen Anzeichen sollte sofort mit kühlenden feuchten Tüchern am Genick und Hals, später am ganzen Körper geholfen werden. Zudem muss dem Pferd als erste Hilfe bevor der Tierarzt eintrifft ausreichend lauwarmes – auf keinen Fall kaltes – Wasser gegeben werden.

Elektrolyte
Der Schweiß des Pferdes beinhaltet vier Mal so viel Salz wie der des Menschen. Darum ist der Elektrolytverlust auch deutlich höher. Normales Wasser reicht bei Sportpferden im Training daher meist nicht mehr aus, um den Elektrolythaushalt bei heißen Temperaturen im normalen Bereich zu halten. Die Zufütterung von Elektrolytlösung ist notwendig. Zudem sollte auf der Weide immer ein Salzleckstein vorhanden sein.

Stall und Weide im Sommer

Speziell bei Pferden jenseits der 20 sollte man zudem darauf achten, dass diese nicht in der Mittagshitze auf der Weide stehen, sondern in den Morgen- und Abendstunden nach draußen dürfen. Auch über Nacht bleiben Pferde gern auf der Weide, wenn dies für ihren Besitzer kein Sicherheitsrisiko darstellt.

Jede Weide muss Möglichkeiten zum Unterstellen bieten. Dies können ausladende Bäume, wie Birken, Linden, Pappeln oder Gingko, ebenso sein, wie feste und mobile Weideunterstände.

Trotz hoher Temperaturen draußen ist täglicher Weidegang Pflicht!

Fliegenmaske I Alexandra Koch
Fliegenmasken helfen! Foto: Alexandra Koch

 

Außerdem sieht es im Stall bei Hitze ungleich schlechter aus: Häufig staut sich die Wärme und der Ammoniakgeruch durch Ausscheidungen ist nun besonders quälend –auch fürs Pferd! Tägliches Misten gehört nun auf jeden Fall zum Programm, am besten nimmt man es sogar zwei Mal am Tag in Angriff.

Besonders staubiges Heu im Sommer sollte kurz gewässert werden, sodass keine Atemwegsprobleme oder Allergien auftreten. Bei geschlossenen Ställen ohne Außenpaddocks müssen nach Möglichkeit alle Türen geöffnet werden, sodass die Luft stetig ausgetauscht wird. Stallfenster sind ebenfalls zu öffnen (was im Grunde ganzjährig selbstverständlich sein sollte).

Abspritzen und Kreislauf

Abspritzen tut dem Pferd gut – wenn man es richtig macht! So beginnt man bei den Beinen und lässt den Wasserstrahl nur langsam höher steigen. Zunächst sollte die vom Herzen am weitesten entfernte Stelle am rechten Hinterbein nass gemacht werden. Langsam geht man dann weiter den Körper des Pferdes entlang. Gerade der Rücken und die Flanken dürfen niemals plötzlich angespritzt werden. Den Kopf sollte man niemals abspritzen, sondern ihn mit einem Schwamm waschen. Experten empfehlen eine lauwarme Dusche. Die überschüssige Feuchtigkeit sollte mit einem Schweißmesser sodann gleich wieder entfernt werden, damit der Kühlungsprozess in Gang gehalten wird.

So wird der Kreislauf nicht übermäßig belastet, was vor allem in der heißen Jahreszeit zu einem Kollaps führen kann. Älteren Pferden kann man zur Unterstützung von Herz und Kreislauf Weißdorn füttern. 15-35 Gramm genügen pro Tag.

Sommerritt Katrin Zimmermann
Wie schön! Ein Ritt im Sommer…. Foto: Katrin Zimmermann

 

Training in der heißen Zeit

Auf das Training muss man an heißen Tagen nicht verzichten. Jedoch ist es ratsam, dieses in die frühen Morgenstunden oder – wenn das nicht möglich ist – an den Abend zu verlegen. Dies handhaben auch Profis wie Olympiasiegerin Ingrid Klimke so: „Mein erster Tipp: Morgens früh aufstehen und reiten bevor es zu heiß wird. Zweiter Tipp: Den Platz so auswählen, dass Schatten vorhanden ist und man nicht in der prallen Sonne reiten muss. Dritter Tipp: Viele Schrittpausen einbauen und die Arbeitsphase in Intervalle einteilen.“ Dressurreiterin Anabel Balkenhol kann dem nur zustimmen: „Wenn wir wissen, dass es ein heißer Tag wird, trainieren wir unsere Pferde frühmorgens, dann fangen wir auch schon mal um fünf Uhr morgens an. Wir machen viele Schrittpausen und arbeiten nicht zu lange, damit das Pferd sich nicht zu stark erhitzt. Und nach dem Training folgt eine kühle Dusche, um die Körpertemperatur wieder zu senken. Das hat sich bei all unseren Pferden bewährt.“

Text: Alexandra Koch

Beitragsbild: Auch Spitzensportpferde werden im Sommer gerne geduscht:)
Foto: Katja Stuppia